Kindergarten-Garderobe
Getty Images/Beau Lark
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Chronik

Original Play: Erste Konsequenzen

Nach schwerer Kritik am Verein Original Play, bei dessen Kursen fremde Erwachsene mit Kindern auf Matten auf dem Boden „irritierend spielen“, gibt es erste Konsequenzen. In Niederösterreich darf der Verein nicht mehr tätig sein, Wien empfahl Kindergärten und Schulen, die Kooperation einzustellen.

Bei Original Play dürfen Erwachsene mit ihnen fremden Kindern rangeln, berichteten ORF und ARD am Donnerstag. Für Experten könnte das eine „Einladung“ zum Missbrauch sein. Der Verein ist in zahlreichen Kindereinrichtungen in Österreich aktiv. Spielgruppen gibt es etwa in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol, Vorarlberg und der Steiermark.

Verbot in Niederösterreich, Wien gegen Kooperation

Die niederösterreichische Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) sagte, der Verein dürfe in Niederösterreich ab sofort nicht mehr tätig sein. „Hier geht es um unsere Kinder und die Sicherheit der qualitätsvollen Betreuung in den Einrichtungen des Landes, und dabei ist rasches Handeln angesagt“, hielt Teschl-Hofmeister fest – mehr dazu in noe.ORF.at.

Auch das Wiener Rathaus ist dagegen, den umstrittenen Verein zu engagieren. Nach den Vorwürfen wird nun die Empfehlung an alle Kindergärten und Schulen ausgesprochen, die Kooperation mit dem Verein einzustellen. Bei den städtischen Kindergärten gab es laut Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) eine entsprechende Anfrage, diese sei jedoch im August 2018 abgelehnt worden – mehr dazu in wien.ORF.at.

Empfehlung aus Oberösterreich

Der oberösterreichische Bildungdirektor Alfred Klampfer will den Fall genau prüfen und den Schulen empfehlen, zumindest vorläufig nicht mehr mit dem Verein zu arbeiten. Ihm sei allerdings nicht bekannt, dass irgendetwas vorgefallen sei oder dass sich Eltern beschwert hätten, sagte Klampfer gegenüber Ö1. Und dass externe Vereine mit Kindern arbeiten, ohne dass Pädagoginnen von Kindergarten oder Schule dabei sind, das komme auch nicht vor.

Vorwürfe gegen Verein Original Play

Wie umfangreiche Recherchen der ZIB2 in Zusammenarbeit mit der ARD ergeben haben, könnte Original Play eine Einladung zu Übergriffen gegen Kinder sein.

Warnungen in Vorarlberg und Salzburg

In Vorarlberg kritisierte Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch das Angebot und warnte davor. Heidemarie Thalhammer von der Abteilung Elementarpädagogik im Amt der Vorarlberger Landesregierung bestätigt die Anwendung der Methode von Original Play in Vorarlberg. Beschwerden darüber habe es aber bisher keine gegeben – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Auch das Salzburger Kinderschutzzentrum warnt vor dem Verein. Das Land kündigte an, eine Warnung vor diesem Verein an alle Salzburger Kinderbetreuungseinrichtungen herauszugeben – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Kinderfreunde stellen Kooperation ein

Die Kinderfreunde, die über zehn Jahre mit Original Play zusammengearbeitet haben, stellten angesichts der Berichte die Kooperation ein. „Wenn auch nur der geringste Verdacht besteht, dass da etwas sein könnte“, stehe der „Schutz der Kinder im Vordergrund“, so Kinderfreunde-Geschäftsführer Christian Morawek gegenüber Ö1. Allerdings habe man die gesamte Zeit mit nur zwei Personen, einem Mann und einer Frau, zusammengearbeitet – Audio dazu in oe1.ORF.at

Auch die Diakonie kündigte an, bis zur Klärung der Vorwürfe nicht mehr mit Original Play zusammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit habe sich auf eine einzige Einrichtung, eine Flüchtlingseinrichtung, beschränkt.

Bildungsministerium arbeitet an Qualitätsstandards

Im Bildungsministerium verwies man auf derzeit in Erarbeitung befindliche einheitliche Qualitätskriterien für die Arbeit mit Kindern. Durch die Vorfälle fühle man sich in dem Vorhaben bestärkt, hieß es gegenüber der APA.

„Intimität und Individualität von Kindern darf nicht tangiert werden – das ist ein Grundsatz, der in allen pädagogischen Einrichtungen uneingeschränkt eingehalten werden muss“, betonte man im Ministerium. „Für Körpererfahrung und Gewaltprävention gibt es pädagogische Konzepte, die ohne diese Grenzüberschreitung auskommen.“

Verein kann „Kritik nicht nachvollziehen“

Original Play selbst will jetzt – nach Aufforderung der Liga für Kinderrechte – eine Kinderschutzrichtlinie erarbeiten, so Vorstandsmitglied Robin Riess laut Ö1-Mittagsjournal – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Auf seiner Website betonte der Verein, dass man die Kritik an den Medienberichten nicht nachvollziehen könne, „weil uns keinerlei Vorfälle bekannt sind. Seien Sie versichert, dass unser erstes Interesse immer dem Schutz der Kinder gilt“, hieß es dort. Der Gründer von Original Play, Fred Donaldson, wies im Gespräch mit dem ORF und der ARD zurück, dass seine Methode Kindesmissbrauch möglich mache.

Verein bietet Kritikern Dialog an

Original Play wies die Vorwürfe Freitagabend neuerlich zurück. „Original Play ist Gewaltprävention“, wurde in einer Aussendung betont. Kritiker seien eingeladen, „mit uns in Dialog zu treten“, um sich selbst ein Bild zu machen.

Die von dem Verein in Österreich angebotenen Workshops seien in erster Linie für Eltern und Personen aus dem pädagogischen und therapeutischen Bereich gedacht. „Diese sollen im Regelfall mit den eigenen Kindern/Jugendlichen bzw. in ihren Institutionen spielen“, hieß es.

Zwölf „Apprentices“ in Österreich

In Österreich seien zwölf „Apprentices“ der Organisation – jeweils sechs Frauen und Männer – tätig, deren Berufsausbildung „dem pädagogischen, sozialen oder gesundheitlichen Bereich zuzuordnen“ sei. Um Original Play professionell anbieten zu können, bedürfe es einer drei Jahre dauernden Ausbildung.

„Ausgebildete sogenannte Apprentices besuchen Institutionen regelmäßig. Sie sind angehalten, ihre Spielgruppen so durchzuführen, dass PädagogInnen der jeweiligen Institution anwesend sind“, erläuterte der Verein. Die „Apprentices“ hätten beim Verein ihre „Strafregisterbescheinigung Kinder- und Jugendfürsorge“ hinterlegt.

Mitglied bei Liga für Kinder- und Jugendgesundheit

Original Play ist bereits seit mehreren Jahren Mitglied in der Österreichischen Liga für Kinder- und Jugendgesundheit. Sollte es einen konkreten Verdacht gegen den Verein geben, werde die Mitgliedschaft ruhend gestellt, kündigte Caroline Culen, Geschäftsführerin der Kinderliga, im Gespräch mit der APA an. Man sei jedenfalls bereits seit Längerem bezüglich dieser Causa mit dem Verein in Gespräch, als erste Vorwürfe in Deutschland laut wurden. Original Play sei aufgefordert worden, sich „dem Thema Kinderschutz in der eigenen Organisation verstärkt zu widmen“, sagte Culen.

Forderungen der Politik

Quer durch alle Parteien wurde am Freitag die Forderung nach einem österreichweit einheitlichen Qualitätsrahmen für Kinderbetreuungseinrichtungen laut. Das verlangten unter anderem die SPÖ-Bildungssprecherin und ehemalige Bildungsministerin Sonja Hammerschmid sowie Ewa Ernst-Dziedzic, grüne Nationalratsabgeordnete und stellvertretende Klubobfrau der Grünen. Beide forderten auch eine rasche Aufklärung der Vorwürfe ebenso wie NEOS. Die Wiener FPÖ urgierte die sofortige Auflösung des Vereins.