Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Lang, während einer Pressekonferenz
APA/Helmut Fohringer
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Politik

Großer Anstieg bei Internetkriminalität

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat am Freitag gemeinsam mit dem scheidenden Direktor des Bundeskriminalamts, Franz Lang, die Anzeigenstatistik für 2019 vorgestellt. Dabei zeigt sich eine starke Zunahme bei Straftaten im Netz, jedoch kaum ein Anstieg der Anzeigen bei häuslicher Gewalt.

Nehammer kündigte zudem an, die Geschichte der Polizei unter NS-Herrschaft prüfen zu lassen. Er nahm am Freitag den Tag der Befreiung zum Anlass für seine Ankündigung: Der 8. Mai mahne dazu, Verantwortung zu übernehmen. Es habe den Auftrag gegeben, die Geschichte der österreichischen Polizei während der Jahre 1938 bis 1945 prüfen zu lassen. Die Polizei schütze die Grund- und Freiheitsrechte, historisches Bewusstsein solle dafür in der täglichen Polizeiarbeit ein Fundament sein, so Nehammer.

Nehammer und Lang führten anschließend die Zahlen von Anzeigen und Delikten näher aus: Im Jahr 2019, also vor der Coronavirus-Pandemie, wurden 488.912 Straftaten in Österreich angezeigt. Das war ein Plus von 3,4 Prozent zum Jahr davor, aber der zweitniedrigste Wert der vergangen zehn Jahre.

Kampf gegen Delikte im Netz wird verstärkt

Die Aufklärungsquote blieb mit 52,5 Prozent stabil. Starke Anzeigenzuwächse gab es bei Internetkriminalität: Die gemeldeten Cybercrime-Fälle stiegen im Jahresvergleich von 19.627 auf 28.439 Straftaten. Das war ein Plus von 45 Prozent und die mit Abstand höchste Anzeigenzahl der vergangenen zehn Jahre. Die Aufklärungsquote sank bei Internetdelikten leicht auf knapp 36 Prozent.

Grafik zur Kriminalstatistik
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Innenministerium

Die Straftaten im Netz seien vielfältig, so Lang. Sie umfassten Drogenhandel, Betrug, Erpressung, Bedrohungen und mehr. Mitunter handle es sich auch um weltweite Netzwerke, die in Sicherheitssysteme von Banken eindringen. Es könnten aber auch Täter sein, die Webshops dazu nützten, sich Güter schicken zu lassen und diese so weiterzuleiten, dass sie sie unbekannt und ohne zu zahlen abholen könnten, so Lang. Nehammer sagte, man habe hier bereits 60 Experten im Einsatz, die Cyberkriminalität bekämpften, weitere 60 sollen dazukommen.

Pressekonferenz „Kriminalstatistik 2019“

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der Direktor des Bundeskriminalamts, Franz Lang, präsentierten die Kriminalstatistik 2019.

Ermutigung, sich an die Polizei zu wenden

Auch die Wirtschaftskriminalität stieg um 25 Prozent auf 71.112 Anzeigen. Damit setzte sich bei beiden Deliktgruppen der negative Trend deutlich fort. Auch bei der Gewaltkriminalität gab es ein Plus (5,3 Prozent) auf 73.079 angezeigte Fälle. Das war die zweithöchste Zahl in den vergangenen zehn Jahren, die Aufklärungsquote stieg dabei leicht auf 85 Prozent.

Innenminister Karl Nehammer während einer Pressekonferenz
APA/Helmut Fohringer
Minister Nehammer präsentierte die Anzeigenstatistik

Seit Beginn der Coronavirus-Krise schlug sich der befürchtete Anstieg von häuslicher Gewalt nicht in der Statistik nieder. Nehammer sagte dazu, dass nur eingeschritten und geschützt werden kann, wenn die Polizei Kenntnis der Gefahr erlangt. Er ermutigte Opfer dazu, sich zu melden und sich an Außenstehende zu wenden. Er betonte auch die Kampagne des Innen- und des Frauenministeriums, die Gewaltopfern Mut machen soll, zur Polizei zu gehen.

65 Morde verzeichnet

Morde wurden im Vorjahr 65 verzeichnet, das waren um fünf mehr als im Jahr 2018. In den Jahren 2014 und 2015 hatte es jeweils weniger als 40 Tötungsdelikte gegeben. Zwei Morde aus dem Vorjahr sind noch ungeklärt. Rund 60 Prozent der getöteten Opfer waren Frauen, meist im Rahmen von häuslicher Gewalt. Es habe einen Anstieg der Frauenmorde im vergangenen Jahren gegeben, so Lang. Diese Kurve habe sich aber wieder abgeflacht. Es handle sich bei Gewalttaten gegen Frauen immer um ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren.

Grafik zur Kriminalstatistik
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Innenministerium

Oft stehe der Trennungswunsch der Frau am Beginn. Dazu komme oft eine Gewalthistorie des Täters, Drogen oder Alkohol, psychische Beeinträchtigungen oder auch ein kultureller Faktor, etwa die Erkenntnis, dass Kinder im Fall einer Scheidung nicht dem Mann, sondern der Frau zugesprochen würden.

Weniger Wohnungseinbrüche

Einen neuen Tiefstwert gab es 2019 hingegen bei Wohnraumeinbrüchen: Sie gingen auf 8.835 angezeigte Fälle zurück, also knapp zehn Prozent weniger als 2018. Auch die Kfz-Diebstähle sanken kontinuierlich weiter auf 2.194 Anzeigen. Vor zehn Jahren waren es noch rund doppelt so viele gewesen. Anschließend würdigte Nehammer ausführlich Kriminalamtschef Lang, der in den Ruhestand geht. Eine Nachfolge ist noch offen.