Mädchen macht Gurgeltest
APA/Georg Hochmuth
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Coronavirus

Infektionsrate an Schulen verdreifacht

Rund 1,5 Prozent positive Ergebnisse hat die zweite Runde der SARS-CoV-2-Monitoringstudie an Schulen erbracht. Damit war zum Testzeitpunkt Mitte November die Prävalenz unter Schülern und Lehrpersonal um mehr als das Dreifache höher als in der ersten Runde (bis 22. Oktober).

Der Wert habe eine „ähnliche Größenordnung“, wie es ihn zu diesem Zeitpunkt in der Gesamtbevölkerung gegeben habe, so die Studienautoren. In der ersten Runde wurden im Zeitraum von 28. September bis 22. Oktober 40 von über 10.000 Teilnehmern positiv getestet (Prävalenz: 0,39 Prozent). Die zweite Erhebung lief nur von 10. bis 16. November, da sie vom 17. an vom neuerlichen Lockdown mit umfassenden Schulschließungen gestoppt wurde.

Ähnlicher Wert in Gesamtbevölkerung

Bis dahin wurden aber immerhin in fünf Bundesländern (Niederösterreich, Burgenland, Oberösterreich, Vorarlberg und Wien) 3.745 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer getestet, von denen sich 53 als Träger des SARS-CoV-2-Virus entpuppten, sagte das Team um den wissenschaftlichen Koordinator der Studie, den Mikrobiologen Michael Wagner von der Uni Wien. Das ergebe eine Prävalenz von 1,44 Prozent, wobei die Schwankungsbreite (95 Prozent Konfidenzintervall) von 1,06 bis 1,9 Prozent reicht.

Lege man die Ergebnisse der ebenfalls vom Bildungsministerium mit initiierten Prävalenzstudie der Statistik Austria mit dem fast identen Erhebungszeitpunkt (12. bis 14. November) auf das Design der Schulstudie um, komme man auf einen Vergleichswert von 2,12 Prozent in der Gesamtbevölkerung über 16 Jahre.

Aufgrund der etwas geringeren Sensitivität durch das Zusammenfassen von bis zu zehn Proben in „Pools“ und anderer Faktoren unterschätze das Schulmonitoring „ganz bewusst Prävalenz ein Stück weit“, sagte Wagner, der die beiden Werte in etwa auf vergleichbarem Niveau sieht. Dass es durch Methodik oder Studiendesign bedeutsame Verzerrungen geben könnte, glaubt auch der Generalsekretär im Bildungsministerium, Martin Netzer, nicht.

Standorte mit sozialer Benachteiligung stärker betroffen

Die Drei- bis Vervierfachung des Wertes aus der ersten Runde hob Peter Willeit von der Medizinischen Universität Innsbruck hervor. Während etwa das Alter der Kinder oder der Pädagogen, deren Geschlecht oder die Schulform keinen Einfluss auf den Anteil Covid-19-Positiver hatte, ging eine höhere 7-Tage-Inzidenz in einer Region auch mit einem etwas erhöhten Positivanteil an dortigen Schulen einher. Wie schon bei der ersten derartigen Erhebung war das auch an Schulen mit vielen Kindern aus sozial benachteiligten Familien so.

An Standorten mit höherer sozialer Benachteiligung wurde eine in etwa doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit ermittelt, auf einen unerkannten Infektionsfall zu stoßen, erklärte der Epidemiologe. Hier zeige sich, dass die Studie neben der Abschätzung der Dunkelziffer nicht nur dabei helfe, solche oft asymptomatische Fälle an Schulen zu identifizieren, sondern auch „zu verstehen, wo Fälle gehäufter auftreten“. Das soziale Umfeld sei mit entscheidend, wenn etwa ein Kind aus einer Familie mit Eltern in prekäreren Dienstverhältnissen eher auch mit milden Symptomen in die Schule geschickt werde, so Willeit.

Gerade über sozial benachteiligte Schulstandorte, die naturgemäß oft in größeren Ballungsräumen liegen, müsse man sich auch im Zusammenhang mit der Covid-19-Krise Gedanken machen, sagte Netzer. Dieses „ganz wichtige Monitoring“ zeige, in welchen Bereichen es ein erhöhtes Risiko gebe und wie in etwa der Viruseintrag in und aus Schulen vonstattengehe. Man wisse etwa, dass in vielen Elternhaushalten wenig Sensibilität auf das Thema Covid-19 gelegt werde.

Bildungsministerium will „mehr Testmöglichkeiten“

Es stelle sich daher die Frage, ob an stärker gefährdeten Schulen nicht insgesamt verdichtet getestet werden müsse. Derartige Überlegungen würden vermutlich zukünftig umgesetzt, sagte Netzer: „Wir müssen hier mehr Testmöglichkeiten schaffen.“ Man hoffe hier auch sehr auf neue Testmethoden, bei denen die Abstriche weniger tief im Nasenraum entnommen werden müssten, und den verstärkten Einsatz von Gurgeltests.

Wagner wünschte sich insgesamt einen „pragmatischeren Umgang“ mit dem Thema Testen. Denn auf dem Gebiet sei „technisch schon viel möglich“, aber rechtlich vieles nicht einfach. „Kinder werden systematisch zu wenig getestet in den meisten Ländern“, so der Molekularbiologe.

Nächste Runde ab 18. Jänner

An Volksschulen, Mittelschulen und AHS-Unterstufen wird von den Medizinischen Universitäten Graz und Innsbruck, der Uni Linz und der Uni Wien mittels Gurgeltests das ganze Schuljahr über die Häufigkeit aktiver Coronavirus-Infektionen bei Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrern in ganz Österreich erhoben. Geplant sind insgesamt zehn Durchläufe jeweils mit denselben Teilnehmern über das gesamte Schuljahr hinweg.

Der nächste Durchlauf der Gurgelstudie ist ab 18. Jänner geplant – vorausgesetzt der Präsenzunterricht beginnt dann tatsächlich wieder. Netzer geht davon aus, dass die Rückkehr an die Schulen am 18. Jänner erfolgen kann, vorausgesetzt die Infektionszahlen erlauben das. Dazu stünden aber in den kommenden Tagen noch politische Entscheidungen an.

Fragen zu Virusmutation

Die dritte Studienrunde werde fix um die Analyse des gefundenen Virenerbguts erweitert, so die Studienleiter, die ihre noch nicht von Fachkollegen überprüfte Auswertung am Mittwoch auf der Plattform medRxiv hochgeladen haben und auch ein Ergebnis-Dashboard für künftige Erhebungen ankündigten. Gerade im Schulbereich sei es besonders wichtig zu wissen, welche Varianten dort kursieren. Erste Daten aus Großbritannien zu der dort aufgetauchten Virusvariante würden etwa darauf hinweisen, dass Kinder und jüngere Menschen damit leichter infiziert werden könnten, so Wagner: „Mit den neuen Varianten wird man mehr auf Schulen schauen müssen.“

Das sieht auch Netzer so, der aber von der pauschalen Weiterführung von breiten Schulschließungen im Angesicht der britischen Virenvariante nichts hält. Man habe hier eine komplexen Güterabwägung zu bewerkstelligen und brauche eine genauere Beobachtung der diesbezüglichen Situation in Kooperation mit der AGES und dem Gesundheitsministerium. Nach den ersten Nachweisen der Variante in Österreich sollte man nicht gleich über das Schließen von Schulen diskutieren, weil darunter auch Kinder gewesen seien, so der Generalsekretär im Bildungsministerium.