Paketzustellung
ORF.at/Christian Öser
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Wirtschaft

CoV drängte Geflüchtete in prekäre Jobs

Die Pandemie hat zwar für Flüchtlinge Jobchancen gebracht, allerdings eher in schlechter qualifizierten und atypischen Bereichen. Krisenverlierer unter den Flüchtlingen waren auf dem Arbeitsmarkt Frauen, höher Gebildete und Jugendliche.

Das zeigen zwei Studien des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) und des International Centre for Migration Policy Development (ICMPD). Besonders schwierig war es für Flüchtlinge in Wien, einen Job zu finden.

Basis für die Studien sind seit 2016 jährlich durchgeführte Umfragen unter Flüchtlingen aus den Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan, Irak und Iran (FIMAS-Umfrage). Den Studien zufolge waren 80 Prozent der Flüchtlinge, die vor der Pandemie einen Job hatten, auch im Herbst 2020 noch berufstätig.

Zugleich hat die Hälfte derer, die vor der Krise Arbeit suchten oder inaktiv waren, in der Krise einen Job gefunden. Allerdings nahmen von ihnen rund 60 Prozent eine atypische Beschäftigung auf, etwa als Paketzusteller oder Essenslieferant.

Frauen scheiden öfter von Arbeitsmarkt aus

„Frauen wechselten in der Krise nicht nur viel öfter in die Inaktivität, sondern gelangten aus dieser heraus auch viel seltener wieder in Beschäftigung“, schreibt Sandra Leitner, Senior Economist am WIIW und eine der Studienautorinnen. Ähnliches gelte für gut gebildete Flüchtlinge mit Hochschulabschluss.

Selbst wenn gut Qualifizierte weiter Arbeit hatten, verloren sie an beruflichem Status, etwa weil sie schlechtere Jobs annehmen mussten. „Eine zwiespältige Rolle spielten in der Krise migrantische Communities“, so das WIIW. Denn stark mit anderen Migranten vernetzte Menschen rutschen häufiger in die Arbeitslosigkeit oder Inaktivität. Andererseits half die Verwurzelung in der eigenen Community, wenigstens eine atypische Beschäftigung zu finden.

„Das deutet darauf hin, dass migrantische Netzwerke Geflüchteten sehr oft dabei helfen, Jobs in Nischen zu finden, zum Beispiel bei Zustelldiensten, als Lagerarbeiter oder in Supermärkten“, so Leitner. Als atypische Arbeit sieht das WIIW unsichere Verträge wie Teilzeitarbeit, geringfügige Beschäftigungen, befristete Arbeit, freie Dienstverträge bzw. Werkvertragsnehmer oder sogar Arbeiten ohne Arbeitsvertrag, wovon fünf Prozent betroffen sind.

Spezielle Lage in Wien

Die WIIW-Studie zeigt auch ein Problem auf dem Arbeitsmarkt für Flüchtlinge in Wien auf. Es zeige sich ein signifikanter „Wien-Effekt“. Laut den Angaben hatten Geflüchtete, die vor Beginn der CoV-Krise in Wien lebten, eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit, aus der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung zu wechseln.

Der Wiener Arbeitsmarkt sei zwar groß, aber „strukturell problematischer“. Das schlage sich in einer deutlich höheren Arbeitslosenrate nieder. Es zeige sich auch, dass in Wien lebende, inaktive Geflüchtete primär als Arbeitslose und nicht als Beschäftigte auf den Arbeitsmarkt zurückkehren.

Viele Probleme für Flüchtlinge in Ausbildung

Sehr problematisch war die Coronavirus-Krise auch für junge Flüchtlinge in Ausbildung. Distance-Learning traf die ohnehin oft mit Sprachschwierigkeiten und Lernproblemen kämpfende Gruppe hart. Fast drei von zehn brachen Schule oder Ausbildung ab.

Rund ein Viertel der jungen Geflüchteten ist weder erwerbstätig noch in einer Ausbildung. Auch waren viele von Kündigungen oder der Reduzierung ihrer Arbeitszeit betroffen. „Da Geflüchtete überproportional oft in instabilen und atypischen Beschäftigungsverhältnissen tätig sind, waren sie besonders von den negativen Auswirkungen von CoV am Arbeitsmarkt betroffen“, so Co-Studienautor Paul Baumgartner, Policy Analyst am ICMPD.

Auch OECD sieht Jobsituation durch Krise erschwert

Zu einem ähnlichen Schluss kam auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) letzte Woche. Die Pandemie habe einen zehnjährigen Aufwärtstrend bei der Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt der OECD-Staaten beendet, so eines der Ergebnisse des Migrationsausblicks 2021.

Im Jahr 2020 vergrößerte sich die Kluft zwischen Arbeitslosen mit Migrationshintergrund und Einheimischen in Österreich laut Studie um 6,6 Prozentpunkte. EU-weit liegt Österreich damit knapp über der Mitte. Der Wert beträgt für die EU-27 6,0 OECD-weit liegt er bei 3,4 Prozentpunkten.