Impfdosen in einer Hand
AP/Achmad Ibrahim
AP/Achmad Ibrahim
Coronavirus

Kritik an Umsetzung der Impfpflicht

Kritik an der Umsetzung der Impfpflicht ist am Dienstag aus mehreren Ländern gekommen. Kärnten, Vorarlberg, Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol beklagten, dass es keine bundesweite Lösung für Befreiungen gebe. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verwies auf Absprachen.

„Bei der Impfpflicht und dem dazugehörigen Gesetz handelt es sich um ein gemeinsames Projekt von vier Parteien und der gesamten Bundesregierung“, stellte Mückstein klar. Zu einer Einigung zwischen Bundesregierung und Ländern sei es bei der Landeshauptleutekonferenz vergangenen November gekommen. Es sei dabei mehrmals „klar kommuniziert“ worden, dass es keine bundesweite Plattform für Impfbefreiungen geben wird.

„Hausaufgaben nicht gemacht“

Vorarlbergs Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher (ÖVP) hatte zuvor dem Gesundheitsministerium „unkoordiniertes Vorgehen“ vorgeworfen. Der Vollzug des Impfpflichtgesetzes werde dadurch erschwert und die Verantwortung auf die Länder abgewälzt, sagte die derzeit Vorsitzende der Landesgesundheitsreferenten. Sie vermisst eine bundesweite Plattform für Impfbefreiungs-Ansuchen, auch Datenschutzfragen seien ungeklärt.

„Das Gesundheitsministerium hat seine Hausaufgaben in diesem Bereich nicht gemacht und die Probleme, die im Vollzug entstehen, nicht gelöst – die Länder müssen es jetzt richten“, so Rüscher. Die Länder hätten bereits seit Wochen auf Herausforderungen beim Vollzug hingewiesen, ein direkter politischer Austausch mit dem Bundesminister sei jedoch nicht zustande gekommen – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

„Einiges aus dem Ruder“

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und die dortige Gesundheitsreferentin Beate Prettner (beide SPÖ) sprachen von einer „Kindesweglegung“. Die Länder müssten nun Dinge zustande bringen, „an denen der Bund offensichtlich scheitert“, sagte Kaiser. Mit Enttäuschung müsse er feststellen, dass „einiges aus dem Ruder laufe“.

„Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass insbesondere das Bundesgesundheitsministerium seinen Verpflichtungen nachkommt“, so Kaiser. In der Bevölkerung gebe es mehr und mehr Verunsicherung, man gefährde damit notwendige und wichtige Maßnahmen. Es sollte eine ständige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Impfpflicht stattfinden, wie sie in Paragraf 19, auch auf Kärntner Vorschlag, des Gesetzes durch eine unabhängige Kommission geregelt ist. Insbesondere mit Blick auf mögliche Strafen.

„Bevor es zu irgendeiner ersten Strafe oder Sanktion kommt, muss die Verhältnismäßigkeit von einer Kommission überprüft werden“, so Kaiser. Er betonte zudem auf Nachfrage einer Journalistin, dass das damalige Bekenntnis zur Impflicht wegen Delta adäquat war, sagte jedoch nichts Direktes zur Impfpflicht und Omikron – nur, dass die Verhältnismäßigkeit laufend festgestellt werden müsse von der Kommission, bezüglich neuester Forschung und Entwicklungen in anderen Ländern. Das Ergebnis der Kommission sei dann jenes, welches gelte.

„Wirklich erbost“

Auch Gesundheitsreferentin Prettner fragte, ob es das Gremium nach Paragraf 19, das aus Juristinnen und Juristen sowie medizinischen Expertinnen und Experten bestehen soll, denn schon gebe beziehungsweise ob es schon getagt habe. „Als Bundesländer sind wir wirklich erbost über die Vorgehensweise des Bundes.“ Man habe Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) das letzte Mal vor 14 Tagen persönlich gesprochen, seitdem habe es vier Konferenzen der Gesundheitsreferenten und -referentinnen ohne den Minister gegeben.

Man müsse nun Feuerwehr spielen für all das, was der Bund nicht geleistet habe: Keine bundeseinheitliche zentrale Plattform, keine Klärung der datenschutzrechtlichen Angelegenheiten und keine Einrichtung eines Impfregisters. Daher hätten am Montag die Bundesländer eine Koordinationsgruppe eingerichtet – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

„Länder fanden kein Gehör“

Auch Niederösterreichs LHStv. Stephan Pernkopf (ÖVP) und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) verwiesen am Dienstag darauf, dass zuletzt mehrere Versuche, offene Fragen mit Mückstein zu klären, gescheitert seien. Nun bleibe vieles unklar, etwa auch, welche Ärzte die Befreiung tatsächlich abwickeln sollen. Das Fehlen einer bundesweit einheitlichen Lösung habe zur Folge, dass es in jedem Bundesland eine eigene Plattform mit teils unterschiedlichen Zugängen geben werde.

In die Kritik stimmte auch Tirols Gesundheitslandesrätin Annette Leja (ÖVP) gegenüber der APA ein. „Seit Monaten sind wir mittlerweile in Abstimmung mit dem Bund hinsichtlich der Umsetzung des Impfpflichtgesetzes. Wesentliche Anregungen und Lösungsaspekte der Länder fanden beim Gesundheitsministerium kein Gehör“, übte Leja deutliche Kritik am Gesundheitsminister des Koalitionspartners. Vor allem die letzten Wochen seien vom Gesundheitsministerium leider nicht dazu genutzt worden, um viele offene Punkte zu klären.

Jetzt bleibe den Ländern gar keine andere Möglichkeit, als sich untereinander abzustimmen und das zu machen, „was eigentlich die Aufgabe des Bundes gewesen wäre“, nämlich die Umsetzung der Impfpflicht auf Schiene zu bringen. „Warum das Gesundheitsministerium hier seiner Aufgabe und Verantwortung nicht nachkommt, ist für mich unerklärlich“, so Leja.

Arbeit an eigener Plattform

Oberösterreich arbeite aufgrund der nicht nachvollziehbaren Absage des Bundes mit Hochtouren an einer eigenen Plattform für Einreichen der Ausnahmen zur Impfpflicht, ließ Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander (ÖVP) am Dienstag wissen, die koordiniert mit allen Bundesländern am 14. Februar online gehen soll. Derzeit erhebe die oö. Ärztekammer in Abstimmung mit dem Land, wer Epidemiearzt sein möchte.

Auch der Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) kritisierte die Umsetzung durch das Gesundheitsministerium: „Das Chaos bei Impfbefreiungen war vorhersehbar und vermeidbar.“ In der oberösterreichischen Landeshauptstadt geht man einen eigenen Weg. Linzerinnen und Linzer können ausschließlich online einen Antrag auf die Befreiung von der Impfpflicht stellen. Das soll noch diese Woche mit einem Formular und Upload-Möglichkeit für Atteste möglich werden. Die zuständigen Amtsärztinnen und -ärzte prüfen die Befunde. Eine entsprechende Bestätigung erhalten Antragsteller elektronisch oder auf dem Postweg.