Soziales

Alleinerziehende stärker von Armut gefährdet

Alleinerziehende sind stärker armuts- und sozial ausgrenzungsgefährdet als der Bevölkerungsschnitt. Und zuletzt hat sich ihre Situation weiter verschärft. Mittlerweile ist fast jede zweite Einelternteilfamilie betroffen. Das zeigt eine am Mittwoch präsentierte Studie.

In Österreich sind – je nach Erhebungsform – zwischen zehn und 20 Prozent der Familien Haushalte mit einem Elternteil. Karin Heitzmann von der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) hat anhand der aktuellsten EU-SILC-Daten berechnet, wie sich Armutsgefährdung und soziale Ausgrenzung dieser Gruppe von 2008 bis 2010 und 2017 bis 2019 entwickelt hat.

„Wenig beachtetes gesellschaftliches Problem“

Das Ergebnis ihrer Studie, die sie bei einem Onlinepressegespräch von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“ vorgestellt hat: Während der Anteil an Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten in der Gesamtbevölkerung de facto stagniert hat (2008–2010: 19 Prozent, 2017–2019: 18 Prozent) und bei den Haushalten mit Kindern insgesamt leicht zurückgegangen ist (von 20 auf 17 Prozent), gab es bei den Einelternteilhaushalten einen Zuwachs von 40 auf 46 Prozent.

Das wirke sich vor allem für die Biografie der davon betroffenen Kinder stark nachteilig aus – „ein höchst relevantes, aber wenig beachtetes gesellschaftliches Problem“, wie gewarnt wird. Als Gründe für die zunehmende Armutsgefährdung der Familien mit einem Elternteil macht Sozialwissenschaftlerin Heitzmann aus, dass im Zeitverlauf weniger Alleinerziehende ganzjährig vollzeiterwerbstätig waren (Rückgang von 39 auf 31 Prozent) und es gleichzeitig mehr Alleinerziehende mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft gab (Anstieg von elf auf 23 Prozent). Beide Faktoren sind mit einem höheren Armuts- und Ausgrenzungsrisiko verbunden.

Forderung nach Gesamtpaket

Um gegenzusteuern, braucht es laut Studie ein Gesamtpaket bestehend aus Maßnahmen, um das Einkommen von Einelternteilhushalten zu erhöhen (etwa höhere Absetzbeträge oder Negativsteuern bei geringem Erwerbseinkommen, höhere soziale Transferleistungen, höhere Unterhaltsvorschüsse) sowie „passgenaue Regulierungen“ und Sach- und Dienstleistungen v. a. in der Familien-, Gesundheits-, Arbeitsmarkt- und Wohnungspolitik.

Was ist SILC?

SILC ist eine Erhebung, durch die jährlich Informationen über die Lebensbedingungen der Privathaushalte in der Europäischen Union gesammelt werden. Auch die Republik Österreich nimmt, vertreten durch Statistik Austria, seit 2003 an diesem Projekt teil. SILC ist die Abkürzung für „Community Statistics on Income and Living Conditions“, das bedeutet „Gemeinschaftsstatistiken zu Einkommen und Lebensbedingungen“.

Von besonderem Interesse sind in SILC die Beschäftigungssituation und das Einkommen der Haushaltsmitglieder, die Ausstattung der Haushalte, die Wohnsituation einschließlich der Ausgaben für das Wohnen, Bildung, Gesundheit und Zufriedenheit. Aus diesen Angaben können Schlüsse über die Lebensbedingungen verschiedener Bevölkerungsgruppen, über Armut und soziale Ausgrenzung gezogen werden.