Chronik

Prüfstelle für Arbeit mit Kindern gefordert

Einem Anbieter von Sommerferienlagern und Freizeitsport wird – zu Unrecht – vorgeworfen, gegen ihn werde wegen Kindesmissbrauchs ermittelt. Die Kinderschutzorganisation Möwe fordert wie andere Expertinnen und Experten ein Kinderschutzgesetz und eine Prüfstelle für solche Fälle.

Eine Gruppierung hatte den Mann auf Facebook sogar mit Namen geoutet und behauptet, der Ferienlagerorganisator sei vor Jahren wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. In dem Posting wird zudem behauptet, es gebe auch aktuelle Ermittlungen. Mehrere Eltern sollen den Aufenthalt ihrer Kinder im Ferienlager wegen des Facebook-Postings einer Gruppierung von selbsternannten Kämpfern gegen Kindesmissbrauch schon storniert haben.

Laut seinem Anwalt ist die Strafe des Mannes aus dem Jahr 2010 längst getilgt. Aktuelle Ermittlungen gebe es nicht, sagte er Ö1. Der Feriencampbetreiber will nun rechtliche Schritte gegen die Veröffentlichungen unternehmen.

„Juristische Katastrophe“

Ausgerechnet der Anwalt jener Gruppe, die sich den Kampf gegen Kindesmissbrauch auf die Fahnen schreibt und die den Betreiber vor einigen Tagen geoutet hat, bezeichnet die Veröffentlichung als „juristische Katastrophe“. Er wünsche sich zwar lebenslange Eintragungen von Missbrauchstaten in der Sexualstraftäterdatei, aber die Ermittlungen gegen den Ferienlagerbetreiber seien vor etwa zehn Tagen eingestellt worden, und die Anzeige habe sich auf angebliche Ereignisse vor mehr als zehn Jahren bezogen.

Kinderschutzgesetz gefordert

Die Leiterin der Kinderschutzorganisation Möwe, Hedwig Wölfl, hält ein bundesweit geltendes Kinderschutzgesetz für nötig, in dem geregelt wird, „wer mit Kindern im Bildungsbereich, im Freizeitbereich unter welchen Voraussetzungen tätig werden kann“. Alle Anbieter sollten „so etwas wie ein Führungszeugnis und klare Kriterien in der Personalauswahl und auch ein Kinderschutzkonzept vorweisen“ müssen, damit die Gefährdung für Kinder reduziert werde.

Es gehe um einen respektvollen Umgang mit Nähe und Distanz zu Kindern, so Wölfl – und um das Wissen, was in schwierigen Situationen zu tun sei, etwa auch bei Übergriffen unter Jugendlichen. Und es gehe um die strafrechtliche Unbedenklichkeit der Mitarbeiter: „Was hier natürlich fehlt, ist eine unabhängige Stelle, die überprüft, wer solche Freizeitangebote, sportliche Angebote, pädagogische Angebote für Kinder setzt. Es brauchte eine Art von Zertifizierung für Einrichtungen, Organisationen, Vereine, ob die auch geeignet sind.“ Solange es keine offizielle Meldestelle gebe, entstünden ungeachtet der tatsächlichen Fakten „natürlich auch solche Rufmordkampagnen“, so Wölfl.

Zulassung für Arbeit mit Kindern?

Auskünfte aus der Sexualstraftäterdatei können Vereine und Schulen einholen, Eltern aber nicht. Derzeit müssten sie sich auf freiwillige Maßnahmen und Angaben von Betreibern verlassen, dass es „zum Beispiel Kinderschutzkonzepte“ gibt, sagt die Möwe-Leiterin: „Jede Einrichtung kann natürlich auch verlangen – auch für ehrenamtliche FreizeitbetreuerInnen –, dass die auch ein Führungszeugnis vorweisen müssen.“

Auch Martina Wolf, Geschäftsführerin im Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren, ortet eine Gesetzeslücke. „Jemand, der mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, sollte dafür geeignet sein. Es brauchte eine Regelung, die das auch bei Einzelunternehmern gewährleistet“, sagte Wolf im Gespräch mit der APA. Sie sieht den Gesetzgeber in der Pflicht: „Es müsste einfach Kriterien geben, die jemand erfüllen muss, um eine Zulassung zu kriegen, wenn er mit Kindern arbeiten will.“

Auch bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien wünscht man sich ein Schließen dieser Gesetzeslücke. Für alle Personen, die beruflich mit Unmündigen und Minderjährigen zu tun haben, sollte es im Sinne des Kinderschutzes eine Art Zugangskontrolle geben, hieß es auf APA-Anfrage seitens der Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche, die nicht bei ihren Familien leben können.