Ein Mann läutet bei der Schuldnerberatung an
APA/dpa/Angelika Warmuth
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Wirtschaft

Zahl der Privatkonkurse nahm stark zu

Die Teuerung wird für eine wachsende Zahl von Menschen existenzbedrohend. Das urgierte die Schuldnerberatung am Donnerstag. Im ersten Halbjahr habe die Zahl der Privatkonkurse im Vergleich zu 2021 um 34 Prozent zugenommen, hieß es.

Die Zahl der Erstkontakte stieg im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 10,5 Prozent. Man müsse Förderungen gezielter ausschütten, forderte die Schuldnerberatung. Die Folgen der Teuerung würden ohnehin erst verzögert spürbar.

Hohe Lebenserhaltungskosten würden „viele über kurz oder lang überfordern“, hieß es. Die Zahl der Privatkonkurse steige in allen Bundesländern an, die Spitze der Pleitewelle dürfte noch nicht erreicht sein, befürchtet Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich.

„Beobachten Situation mit großer Sorge“

Das Problem sei, „dass diese steigenden Konkurszahlen die Auswirkungen der Teuerung noch kaum beinhalten. Die Effekte der Preissteigerung werden erst verzögert zu Konkursen führen.“ Daher beobachte man „die Situation mit großer Sorge“, so Mitterlehner.

Das überarbeitete Insolvenzrecht ermögliche zwar die Entschuldung binnen drei Jahren. Ein Privatkonkurs sei für viele aber schon gar nicht mehr leistbar, denn „dafür ist es notwendig, dass alle Ausgaben mit den Einnahmen gedeckt werden können und keine neuen Schulden gemacht werden“, sagte Mitterlehner.

Die Option eines verkürzten Konkursverfahrens sei für Privatpersonen – anders als für Firmen – bis 2026 befristet. Im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes dürfe man hier nicht länger differenzieren, forderte die Schuldenberatung.

Gezieltere Förderungen gefordert

Notwendig sei daher eine gezieltere Verteilung von Förderungen für Menschen mit geringem Einkommen. So ließen sich der Konsum einkommensschwacher Haushalte ankurbeln und die Wirtschaft stärken. Mitte der Woche hatte das gewerkschaftsnahe Momentum Institut vorgerechnet, dass die Inflation heuer das ärmste Zehntel der österreichischen Haushalte 1,25 Monatseinkommen kosten werde.

Die wirtschaftsnahe Agenda Austria hielt dagegen und bezeichnete die ins Werk gesetzten Teuerungspakete als ausreichend. Die Tragweite der aktuellen Konkurswelle infolge der Inflation werde erst langfristig „mit voller Wucht sichtbar werden“, gab ASB-Geschäftsführer Mitterlehner zu bedenken.