Rettungsauto im Einsatz
ORF.at/Georg Hummer
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Chronik

22 Kinder starben im Vorjahr bei Unfällen

Im Vorjahr sind in Österreich wieder deutlich mehr Kinder verunfallt als im Pandemiejahr 2021. Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) starben 22 Kinder bei Unfällen. Insgesamt 109.700 unter 15-Jährige wurden so schwer verletzt, dass sie im Spital behandelt werden mussten.

Im Schnitt verunfallte alle fünf Minuten ein Kind. 75 Prozent der Unfälle ereigneten sich laut KFV im Haushalt und in der Freizeit. Mehr als die Hälfte aller tödlichen Unfälle standen allerdings mit dem Straßenverkehr im Zusammenhang. „Die Zahlen sind alarmierend“, sagte KFV-Geschäftsführer Christian Schimanofsky.

Das KFV fordert auf politischer Ebene eine konkrete Zuständigkeit für Kindersicherheit, derzeit gebe es keinen Verantwortlichen, dadurch besteht die Gefahr, dass „niemand wirklich zuständig ist“, sagte Schimanofsky. „Die Entscheidungsträger sind mit Erwachsenenproblemen wie Krieg oder Teuerung beschäftigt“, so der KFV-Geschäftsführer. Maßnahmen für die Erhöhung von Kindersicherheit „liegen auf dem Tisch, sie müssen in der Praxis umgesetzt werden“. Eignen würde sich dafür „gerne ein Kindersicherheitsministerium“, so die Forderung des KFV.

Im Vorjahr mussten mehr als 300 Kinder jeden Tag nach Verletzungen im Krankenhaus behandelt werden, alle zweieinhalb Wochen starb im Schnitt ein Kind an den Folgen eines Unfalls. 2021 gab es laut KFV noch 95.300 Verletzte unter 15 Jahren. Die Zahlen stammen aus der Injury Database Austria (IDB Austria), einer statistischen Erhebung des KFV, für die strukturierte Interviews in ausgewählten Ambulanzen österreichischer Spitäler durchgeführt werden.

Österreich bei Kindersicherheit im EU-Mittelfeld

Unfälle gehören zu den höchsten Gesundheitsrisiken für Kinder. „Während kleine Verletzungen bei Spiel und Sport zur Entwicklung eines Kindes dazugehören, sind jene Unfälle, bei denen Kinder aufgrund mangelnder Sicherheitsmaßnahmen sterben oder bleibende Schäden davontragen, besonders bestürzend“, sagte Schimanofsky.

Beim Thema Kindersicherheit rangiert Österreich im aktuellsten EU-Vergleich mit einer Inzidenz von 18 tödlich verletzten Kindern auf eine Million Einwohner an zehnter Stelle (Eurostat 2023; Durchschnitt 2017-2019, EU-27, Aufbereitung KFV). Das ist zwar unter dem EU-Durchschnitt (Inzidenz 23), aber immer noch deutlich über Irland, dem Land, welches den niedrigsten Wert aufweist.

Meisten tödlichen Unfälle im Straßenverkehr

22 Kinder starben 2022 bei Unfällen. Davon kamen 13 Kinder im Straßenverkehr ums Leben, fünf ertranken, zwei starben bei einem schweren Sturm in Kärnten und je ein Kind wurde bei einem Rodel- bzw. einem Unfall in der Landwirtschaft getötet. Besonders großen Handlungsbedarf sieht das KFW deshalb auch im Straßenverkehr. Hier starben im Vorjahr sechs Kinder beim Pkw-Unfällen, vier als Fußgänger und je ein Kind am Fahrrad, E-Scooter und Moped. „In 71 Prozent der Fällen sind wir Erwachsenen schuld am Unfall“, sagte Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV.

Schrift am Asphalt: Kinder queren
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Der Straßenverkehr stellt für Kinder eine besonders große Gefahrenquelle dar

Schulkinder sind täglich im Straßenverkehr unterwegs, zu Fuß, mit dem Auto, mit dem Fahrrad oder mit dem Scooter. Vor allem die neuen Verkehrsmittel wurden in der Planung nicht berücksichtigt, sagte Robasch. Er fordert, dass die Sichtbedingungen auf die Größe und Bedürfnisse der Kinder angepasst werden. Kinder sind hinter geparkten Autos oder Hecken nicht zu sehen. „Für Kinder ist die Situation im Straßenverkehr unerträglich“, bekräftigte der Experte.

Autos seien zu schnell unterwegs, die Infrastruktur nur auf Erwachsene ausgelegt, außerdem gebe es beispielsweise kein Raumangebot, um überhaupt beispielsweise Radfahren lernen zu können. „Gerade beim Bau und bei der Erhaltung der Straßeninfrastruktur muss in Zukunft mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder genommen werden“, forderte Robatsch.

Forderung nach Aktionsplan mit Präventionsmaßnahmen

Ganz generell fordert das KFV bei Kindersicherheit „vom Reden weg zum Handeln“ zu kommen, so Geschäftsführer Schimanofsky. Neben dem eigenen Kinderschutzministeriums fordert das KFV einen Aktionsplan, mit dem Maßnahmen zur Prävention von Kinderunfällen in das Regierungsprogramm aufgenommen und vor allem umgesetzt werden. Das KFV fordert etwa kostenlose Schwimmkurse in ganz Österreich. Das sei eine relativ einfache Maßnahme, die rasch umgesetzt werden könne und viel bringe.

Fragt man die Kinder nach ihren Wünschen zur Verbesserung ihrer Lebensqualität und Sicherheit, sind sie sich einig: Der Wunsch nach mehr Sicherheit im Straßenverkehr und sicheren Plätzen, um freier spielen zu können, steht ganz oben auf der Wunschliste aller durch die Eltern befragten Kinder, informierte das KFV. In einer vom KFV durchgeführten Umfrage in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter 2.619 Personen im Jahr 2022 sprachen sich darüber hinaus auch 52 Prozent der befragten Eltern in Österreich für strengere gesetzliche Maßnahmen, vor allem für den Straßenverkehr, aus.