Neu saniertes Landestheater
NEUMAYR FOTOGRAFIE/CHRISTIAN LEO
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Kultur

Aufwärtstrend nach CoV-Einbruch

Hat die CoV-Pandemie dem Interesse an kultureller Beteiligung – also Theater-, Museums- oder Kinobesuchen – nachhaltig geschadet? Diese Frage hat eine von der Grünen-Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer in Auftrag gegebene SORA-Studie untersucht. Nach einem Einbruch 2022 ist für heuer eine bessere Tendenz zu sehen.

Fest steht, dass je nach Sparte zwischen elf und 18 Prozent der insgesamt 2.000 Befragten ab 15 Jahren im Jahr 2022 kulturelle Aktivitäten eingestellt hatten, für heuer planten die Befragten jedoch wieder mehr Besuche.

Die Studie ist für Mayer eine Datengrundlage, „die den Kulturbetrieben zur Verfügung steht und eine breite Diskussion über das Kulturpublikum ermöglicht“. Grundsätzlich zeigte sie sich von den Ergebnissen „erleichtert“: „Es gibt keine Hiobsbotschaften, wie im Herbst durch Thesen wie ‚50 Prozent ist das neue Ausverkauft‘ zu befürchten gewesen war.“

Das würden auch aktuelle Auslastungszahlen in den Bundeseinrichtungen zeigen: „Die aktuelle Tendenz ist positiv, und wir sind schon nah dran am Vor-Corona-Niveau.“

Ältere Menschen seltener bei Veranstaltungen

Vor allem ältere Menschen besuchen Kunst- und Kulturveranstaltungen deutlich seltener als noch im Jahr 2019, was nicht durch das verstärkte Interesse junger Besucherinnen und Besucher aufgefangen werden kann, wie Daniel Schönherr von SORA erläutert.

Als Gründe, nunmehr weniger zu Veranstaltungen zu gehen, nannten 41 Prozent, sie hätten derzeit zu viele andere Sorgen. 39 Prozent gaben an, dass ihnen Kunst und Kultur in den vergangenen Jahren immer unwichtiger geworden sei. Umgekehrt gaben 37 Prozent der Befragten an, 2022 öfter als 2019 an Kulturveranstaltungen teilgenommen zu haben – hier ist der Anteil junger Menschen besonders hoch.

Reduktion bei klassischen Konzerten

Die Besuchsfrequenz hängt allerdings stark von der Sparte ab: Während das Interesse in den Bereichen Kino, Denkmäler, Museen und Konzerte (Pop, Rock, Jazz, Schlager) hoch ist, hält sich der Anteil jener, die künftig häufiger ins Kabarett, Theater oder Musical gehen wollen, die Waage mit jenen, die angaben, diese Sparten künftig seltener zu frequentieren.

Reduzieren wollen viele Menschen allerdings ihre Besuche bei klassischen Konzerten, in Galerien, bei Lesungen und Tanzaufführungen.

„Innerhäusliche Aktivitäten“ keine Konkurrenz

Nicht bestätigen konnte die Studie, dass „innerhäusliche Aktivitäten“ in Konkurrenz zum Besuch von Kultureinrichtungen stehen. Derzeit besuchen 22 Prozent der Befragten in Österreich regelmäßig Kulturveranstaltungen, was im Vergleich zum Jahr 2003 eine Steigerung um zehn Prozentpunkte beträgt.

Besonders auffällig ist, dass das Kulturpublikum nach wie vor aus Menschen mit höherem Haushaltseinkommen und besserer Bildung besteht und die Schule das nicht vom Elternhaus mitgegebene Interesse an Kultur nicht ausreichend ausgleichen kann.

Während 41 Prozent der Menschen mit akademischem Abschluss mehrmals im Monat Kulturveranstaltungen besuchen, sind es unter Menschen mit Matura nur noch 26 Prozent, bei Menschen mit mittleren Abschlüssen 18 Prozent und bei Personen mit Lehrabschluss 14 Prozent.

Kino mit größtem Zulauf

Geht es um die einzelnen Sparten, erfährt das Kino den höchsten Zulauf: 54 Prozent der Befragten waren 2022 im Kino. Ins Museum gingen 45 Prozent, zu Pop-, Rock-, Jazz- und Schlagerkonzerten 34 Prozent. Der Anteil der Theaterbesucher lag bei 27 Prozent, 23 Prozent gingen in Galerien.

Opern, Operetten, Lesungen und Tanzaufführungen wurden nur von 13 bis 15 Prozent der Bevölkerung besucht. Besonders auffällig ist das Interesse an Gratiseintritten, die 29 Prozent aller Besuche von Kulturveranstaltungen ausmachten.

Neue Publikumsgruppen ansprechen

Die Studienautoren identifizierten vier Faktoren, die für sinkende Frequenz bei Kulturveranstaltungen sorgen. Dazu zählt der Zusammenhang zwischen Alter und demografischem Wandel. Der Anteil der älteren Bevölkerung steigt, gleichzeitig ist es jene Gruppe, die künftig weniger Kulturveranstaltungen besuchen will.

Ein weiterer Faktor ist die ungleiche Verteilung von Chancen auf kulturelle Bildung. Auch die Erwartung an soziales Miteinander als Teilnahmemotivation spiele eine Rolle, mit der stärker geworben werden könne. Und schließlich sorgt auch die steigende Armutsgefährdung aufgrund aktueller wirtschaftlicher Entwicklungen für sinkendes Interesse.

Mayer will das Thema nun langfristig in die Agenda aufnehmen und gemeinsam mit heimischen Institutionen Konzepte ausarbeiten, um neue Publikumsschichten zu begeistern und ehemalige Besucher wieder zurückzubringen.