Montage eines Türschildes mit der Aufschrift „Deutschförderklasse“
APA/HERBERT NEUBAUER
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Bildung

Mängel bei Umsetzung von Deutschklassen

An den Deutschförderklassen gibt es immer wieder Kritik. Eine aktuelle Befragung von Schulleitungen und Lehrkräften zeigt nun, dass sich ein Drittel der Direktoren und Direktorinnen nicht oder eher nicht an die ministeriellen Vorgaben zur Umsetzung der Deutschförderung hält.

Die nicht repräsentative Befragung von 268 Schulleiterinnen und Schulleitern sowie 622 Lehrkräften wurde unter der Leitung von Susanne Schwab vom Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien durchgeführt. Jeweils mehr als die Hälfte der Schulleiter gab an, nicht ausreichend Raum bzw. Lehrpersonal für die Umsetzung der Deutschklassen zu haben.

Bei den 2018/19 unter Schwarz-Blau eingeführten Deutschförderklassen werden Schülerinnen und Schüler, die die Unterrichtssprache nicht gut genug beherrschen und deshalb als außerordentliche Schüler eingestuft werden, maximal zwei Jahre lang bis zu 20 Stunden pro Woche in eigenen Klassen in Deutsch gefördert. Nur Fächer wie Werken, Musik und Bewegung und Sport verbringen in mit ihrer Stammklasse.

Separate Klassen werden aber erst ab acht Schülern und Schülerinnen pro Standort eingerichtet, außerdem sind die Deutschförderklassen nur für Kinder der ersten Schulstufe bzw. gerade in Österreich angekommene Quereinsteigerinnen und -einsteiger vorgesehen. Die Idee der separaten Förderklassen ist eine umfassende Deutschförderung, damit die Schülerinnen und Schüler schnell in den Regelunterricht wechseln können.

Tricksen für Ressourcen zur Sprachförderung

In der Praxis werden diese Vorgaben aber offenbar nicht durchgehend umgesetzt. Dabei zeigte sich auch in anderen Punkten, dass die Direktoren die Vorgaben nicht immer anwenden: Mehr als ein Fünftel gab an, Schüler mit „außerordentlichem Status“ gleich in einer Vorschulklasse einzuschreiben. Dafür sind sie aber eigentlich nicht unbedingt da.

Außerordentliche Schüler sind solche, die dem Unterricht noch nicht folgen können – vor allem, weil sie noch nicht gut genug Deutsch sprechen. Sie sollten eigentlich in eine Deutschklasse. Vorschulklassen sind dagegen für Kinder gedacht, die noch nicht schulreif sind.

Auch anderweitig wird getrickst: Ebenfalls ein Fünftel der Schulleiterinnen und Schulleiter meinte, dass manche Kinder trotz ausreichender Deutschkenntnisse bewusst nicht den Status eines ordentlichen Schülers bekommen, um die für sie notwendigen Sprachförderressourcen zu erhalten.

Lehrkräfte bevorzugen gemeinsamen Unterricht

Das Modell der Deutschklassen wird von den befragten Lehrkräften überwiegend abgelehnt: Sie bevorzugen mehrheitlich unterschiedlich ausgeformte inklusive Modelle, also gemeinsamen Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler. Nur 37,5 Prozent sprachen sich für eine Variante aus, bei dem Kinder in einem Großteil der Unterrichtsstunden außerhalb der Klasse in einer Kleingruppe gefördert werden.

Mehr als die Hälfte der in Deutschförderklassen oder in Deutschförderkursen tätigen Lehrkräfte zweifelt ganz beziehungsweise eher an der ethischen Unbedenklichkeit von Deutschklassen.

Auch der Einstufungstest MIKA-D, der über die Zuweisung bzw. das Verlassen einer Deutschfördermaßnahme entscheidet, stößt bei den Lehrkräften auf Ablehnung. Knapp 60 Prozent hielten ihn für keinen guten Indikator für die Frage, ob ein Kind dem Unterricht folgen kann. Noch skeptischer sind die Lehrerinnen und Lehrer bezüglich der Regelung, dass ein Nichtbestehen des MIKA-D zum Wiederholen der Klasse führt – 72 Prozent lehnen das ab bzw. eher ab.

SPÖ will Deutschklassen abschaffen

Kritik an der Deutschförderung kommt auch von der Opposition und der Arbeiterkammer (AK). Die SPÖ will die Deutschklassen abschaffen, NEOS und AK verlangen eine Verlagerung der Entscheidung über die Sprachförderung an den jeweiligen Schulstandort.