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APA/BARBARA GINDL
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Wirtschaft

Baubranche beklagt Auftragsflaute

Gewerbe und Handwerk, allen voran die Baubranche samt Nebenbranchen, leiden unter einer Auftragsflaute. Die Wirtschaftskammer (WKO) verzeichnete „ein reales, also preisbereinigtes Minus“. Die Auftragseingänge bzw. Umsätze seien um 9,2 Prozent eingebrochen.

„Einen so kräftigen Rückgang gibt es selten“, sagte die Obfrau der WKO-Bundessparte Gewerbe und Handwerk, Renate Scheichelbauer-Schuster. Im zweiten Quartal 2023 verzeichneten die investitionsgüternahen Branchen laut KMU Forschung Austria beim Auftragsbestand ein kräftiges Minus von 11,6 Prozent. Im Baugewerbe waren es im Schnitt minus 13,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Die konsumnahen Branchen wiederum seien „insgesamt auf dem Erholungspfad, mit großen Branchenunterschieden“. Den Bereichen Mode, Lebensmittelgewerbe (inklusive Bäcker und Konditoren) gehe es insgesamt am besten, das Kunsthandwerk und die Gesundheitsberufe wiederum haben die stärksten Auftragsrückgänge.

Konjunkturlokomotive kommt zum Stillstand

Ebenfalls schlecht stehen der Bau und das Baunebengewerbe da. Immerhin machen sie mehr als 55 Prozent des Gesamtumsatzes von Gewerbe und Handwerk aus. Ein überdurchschnittlich hohes Minus im Auftragsbestand verzeichneten heuer im zweiten Quartal Tischler (minus 20,4 Prozent), Metalltechniker (minus 20,2 Prozent), Hafner, Fliesenleger und Keramiker (minus 15,9 Prozent) und das Baugewerbe (minus 13,1 Prozent).

„Das ist ein außerordentlich scharfer Einschnitt und bereitet uns Sorge“, sagte Scheichelbauer-Schuster mit Blick auf die „Konjunkturlokomotive“ Bau, die viele andere Gewerke wie den Innenausbau, Mobiliar und Fliesen nachziehe. „Der private Wohnungs- und Hausbau ist eingebrochen beziehungsweise der großvolumige Wohnungsbau ist sehr stark rückläufig“, so der Bundesinnungsmeister Bau Robert Jägersberger.

Gestiegene Material- und Personalkosten

Die gestiegenen Material- und Personalkosten spiegelten sich 1:1 in den Baupreisen wider. Als weitere Faktoren für die ungünstige Entwicklung nannte er „die Lieferkettenthematik, die Energiekosten, die zusätzlichen Steuern wie die CO2-Steuer und die steigenden Kreditzinsen“, so Jägersberger. „Die Investitionen sind oft fremdfinanziert und kaum mehr stemmbar mit den bisherigen Modellen“, sagte der Bundesinnungsmeister. „Wir haben auch schon von Kündigungswellen gehört, weil fehlende Auftragseingänge verzeichnet wurden.“

„Jetzt muss gehandelt werden, jetzt muss man das Ruder herumreißen“, appellierte Scheichelbauer-Schuster an die Politik, rasch Schritte dagegenzusetzen. Heuer im ersten Quartal habe es bereits um ein Viertel mehr Insolvenzfälle im Baugewerbe gegeben als üblich. „Fakt ist, die Neuaufträge fehlen, und der Wohnbau steht vor dem Stillstand.“ Es bedürfe Maßnahmen, die die Baukonjunktur forcierten, bekräftigte Jägersberger.

„Handwerkerbonus und Wohnbauförderung neu“

Auf der Wunschliste der WKO stehen ein „Handwerkerbonus neu“, der für mindestens zwei Jahre mit insgesamt jeweils 50 Mio. Euro angesetzt werden solle (pro Person, Wohneinheit und Jahr mit 5.000 Euro) sowie eine Attraktivierung der Wohnbauförderung und Impulse zur Schaffung von Wohnungseigentum. Auch die KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung der Finanzmarktaufsicht), die seit August 2022 gilt und Banken verschärfte Kreditvergaberichtlinien vorgibt, solle abgeschafft werden, um die Finanzierung von Immobilien wieder zu erleichtern. Zusätzlich fordert die Kammer eine Senkung der Grunderwerbssteuer.

„Es ist ein sofortiges Handeln gefragt“, strich Jägersberger hervor. Auch die Wohnbaufördermittel gehörten aufgestockt. In der Vergangenheit habe die Wohnbauförderung ein Volumen von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gehabt, derzeit seien es nur 0,4 Prozent. Weiters müssten die Förderrichtlinien angepasst werden – die derzeitige Baukostenobergrenze passe nicht mehr zu den Baupreisen und zur Zinssituation. Der Zugang zu den Fördermitteln sollte „niederschwelliger und unbürokratischer“ sein.

Außerdem sollte die Sanierungsrate angehoben werden, die derzeit bei „nicht ganz einem Prozent“ liege – Ziel seien aber drei Prozent. Öffentliche Auftraggeber wie zum Beispiel die Gemeinden sollten laut WKO etwa die Sanierung von Schulen und Kindergärten forcieren. „Jedes Bauvorhaben hat ungefähr eine Vorlaufzeit von zwei Jahren – zwei Jahre Stillstand wäre natürlich eine Katastrophe“, warnte der Bauinnungsmeister.