Handy am Steuer
S. Engels – stock.adobe.com
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Chronik

Ablenkung ist Unfallursache Nummer eins

Ablenkungen wie Telefonieren, SMS-Tippen und Trinken aus einer Wasserflasche können zu folgenschweren Verkehrsunfällen führen. Solche Unachtsamkeiten sind für 30 Prozent aller Unfälle im Straßenverkehr verantwortlich und somit Ursache Nummer eins.

Das zeigen eine aktuelle Studie des ÖAMTC, Erkenntnisse aus einer neuen Verkehrsbeobachtung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) und die Zahlen der Unfallstatistik. Im vergangenen Jahr gab es 10.176 Ablenkungsunfälle im Straßenverkehr. 11.543 Verkehrsteilnehmerinnen bzw. -teilnehmer wurden dabei verletzt, 95 kamen ums Leben. Nach einem Rückgang in den Pandemiejahren stieg die Zahl der Ablenkungsunfälle wieder.

„Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung lässt das Unfallrisiko für Lenkende etwa um das Vier- bis Fünffache, das Schreiben von Textnachrichten sogar um das 23-Fache ansteigen“, sagte Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheitsforschung im KFV. Er rechnet aufgrund der KFV-Verkehrsbeobachtung mit einer weiteren Zunahme der Ablenkungsunfälle. So ist seit der letzten Beobachtung im Jahr 2016 der Anteil der abgelenkten Radfahrerinnen und Radfahrer von acht auf 17 Prozent, der Fußgängerinnen und Fußgängern von 30 auf 37 Prozent gestiegen. Hauptursache war das Telefonieren.

Studie zu Handynutzung: Bis zu 123 Meter „Blindflug“

Marion Seidenberger, Verkehrspsychologin beim ÖAMTC, untersuchte im März die Auswirkungen von ablenkenden Tätigkeiten beim Autofahren im Rahmen einer Studie im ÖAMTC-Fahrtechnikzentrum Teesdorf. 40 Probandinnen bzw. Probanden im Alter von 18 bis 50 Jahren mussten in fünf unterschiedlichen Fahrsituationen vier Aufgaben erledigen. Sie mussten zwei Denkaufgaben – Buchstabieren und Kopfrechnen – sowie zwei haptische Aufgaben – nämlich SMS lesen bzw. schreiben und aus einer Flasche trinken – absolvieren.

„Beim SMS-Lesen und -Tippen waren die Testpersonen bis zu 123 Meter im Blindflug unterwegs. Dabei fuhren zwar alle signifikant langsamer, aber keine Person verringerte das Tempo vor dem Schutzweg so, dass sie hätte anhalten können. Die meisten wären mit etwa 30 km/h mit einem Fußgänger bzw. einer Fußgängerin kollidiert“, so Seidenberger.

Drei Tipps für Autofahrerinnen und Autofahrer

Aber auch vermeintlich einfache Aufgaben stellen ein großes Sicherheitsrisiko dar, wie der ÖAMTC-Test zeigte. Beim Hantieren mit und Trinken aus einer Wasserflasche hatten die Testpersonen bis zu acht Sekunden die Hände nicht am Lenkrad. Als trügerisch erwies sich zudem die Selbsteinschätzung – die subjektive Gefahreneinschätzung stand oft klar im Widerspruch zu den bei der ÖAMTC-Studie objektiv erfassten Daten. Die drei wichtigsten Tipps der ÖAMTC-Expertin für Autofahrerinnen und Autofahrer sind, den Abstand zu vergrößern, jegliche Ablenkung zu unterlassen und eine Notbremsung zu beherrschen.

Ablenkung durch Smartphones ist auch das Thema der aktuellen Verkehrssicherheitskampagne des Internationalen Automobilverbandes (FIA). Als Gründungsmitglied trägt der ÖAMTC alle Verkehrssicherheitsinitiativen der FIA. Die aktuelle Kampagne wurde in 26 Sprachen übersetzt und wird in 33 Ländern in Europa, dem Nahen Osten und in Afrika von den nationalen Partnerclubs mitgetragen.