Wirtschaft

Onlineverwaltung wird ausgebaut

Die Mittel für Digitalisierung sind für das kommende Jahr um 1,2 Mrd. Euro aufgestockt worden. Der größte Teil davon entfalle auf den Breitbandausbau, an zweiter Stelle stehe das E-Government, bei dem es darum gehe, die verschiedenen Datenregister der Ministerien zu verknüpfen, teilte der für Digitalisierung zuständige Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) mit.

Konkret sichtbar werden sollen die Neuerungen etwa am neuen digitalen Personalausweis und dem digitalen Zulassungsschein. Die Verknüpfung der Datensammlungen der Ministerien sei notwendig, um digitale Amtswege zur Verfügung zu stellen, sagte Tursky zur APA.

So müsse man bisher etwa für eine Passbeantragung einen Staatsbürgerschaftsnachweis mitbringen. „Wenn ich diese Register verschränke, dann kann ich diese ganzen Services digital anbieten.“

Derzeit über 200 Amtswege digitalisiert

Geplant seien für das kommende Jahr ein Relaunch der App Digitales Amt und neue digitale Ausweise. Der digitale Personalausweis und der digitale Zulassungsschein sollen schon im kommenden Jahr kommen, „das ist fix“, so Tursky. Schon derzeit seien über 200 Amtswege digitalisiert.

Ein weiterer Schwerpunkt soll die fortlaufende Umstellung der Handysignatur auf die ID-Austria sein. „Wir haben bereits 1,6 Millionen Österreicherinnen und Österreicher auf der ID-Austria.“ Die Handysignatur werde man mit 5. Dezember abschalten. „Ab dem Moment wird automatisch mit jedem Pass eine ID-Austria ausgestellt.“

ELGA soll modernisiert werden

Im E-Health-Bereich werde man im kommenden Jahr 17 Mio. Euro zusätzlich in die Hand nehmen, kündigte Tursky an. Geplant sei u. a. die Modernisierung der seit zehn Jahren existierenden Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA), um daraus „mehr als eine PDF-Sammlung zu machen“. Alle Daten müssten in die ELGA hineinkommen, „außer, man optiert hinaus“.

Auch bei der Stellung und der schulärztlichen Untersuchung müsse es Schnittstellen zur ELGA geben. Ebenso sollen die Daten des Eltern-Kind-Passes in die ELGA kommen. Das sei aber eher ein längerfristiges Vorhaben. „Wir wollen die rechtlichen Voraussetzungen nächstes Jahr schaffen.“

Digitale E-Card in der zweiten Hälfte 2024

Der zweite wichtige Punkt im Gesundheitsbereich sei die Digitalisierung der E-Card, die im zweiten Halbjahr 2024 auf das Handy kommen soll. Die digitalen Ausweise soll es schon im ersten Halbjahr geben. Wie bei allen digitalen Ausweisen werde die digitale E-Card die bestehende Karte ergänzen, aber nicht ersetzen, betonte Tursky. Der Zulassungsschein sei etwas „tricky, weil ich muss den Zulassungsschein auch an andere Personen übergeben können“.

In den Cybersecurity-Bereich werde man um 52,7 Mio. Euro mehr investieren, so Tursky. Für die Cybersicherheitsforschung stehen 19 Mio. Euro zur Verfügung.

Österreich sei bei den digitalen Ausweisen ein Pilotland, „mein Ziel ist es ja, dass das alles europaweit anerkannt wird“. Derzeit werde etwa der digitale Führerschein nur in Österreich anerkannt, voraussichtlich bis 2026 auch in den anderen EU-Ländern. Die gegenseitige Akzeptanz mit einzelnen Staaten, etwa Tschechien und Liechtenstein, könnte es auch schon früher geben. „Die Deutschen sind beim Thema der digitalen Identität keine Frontrunner, die werden sicher bis 2026 brauchen.“

Mehr Förderungen für Breitbandausbau

Für die Förderung des Breitbandausbaus will Tursky noch mehr Fördergeld fließen lassen – doch die Internetprovider winken ab: Sie können das Geld gar nicht so rasch ausgeben, weil es nicht genug Planer, Monteure und Gerätschaften gebe und die starke Förderung zu einer Explosion der Baukosten führe. Tursky bezweifelt die Motive der Provider und bleibt unbeirrt: „Wir werden weiter Gas geben beim Breitbandausbau.“

Man werde noch im November einen neuen Fördercall ausschreiben, so Tursky. Das genaue Volumen stehe noch nicht fest, „es werden auf jeden Fall mehrere hundert Millionen Euro sein“. Im Budget für 2024 stünden insgesamt 420 Mio. Euro zur Verfügung. „Das sind 171 Millionen mehr als ursprünglich gedacht, weil wir in der ersten Ausschüttung der zweiten Breitbandmilliarde bereits mehr Geld in die Hand genommen haben und weil wir jetzt eben auch wieder einen Call planen für November.“ Insgesamt seien im Finanzrahmen bis 2027 jetzt 1,25 Mrd. Euro für die zweite Breitbandmilliarde vorgesehen.

Förderungen ohne Baukapazitäten

Der Branchenverband Internetoffensive Österreich will dieses Geld aber gar nicht haben. Anfang des Jahres seien bereits 900 Mio. Euro für den Glasfaserausbau vergeben worden – davon seien aber erst zehn Prozent abgerufen worden und 90 Prozent der Projekte würden erst 2027 fertiggestellt. Die nächsten Förderungen würden also in einen Markt gehen, der keine Baukapazitäten mehr habe – der Wettstreit um Personal und Maschinen werde die Baukosten in die Höhe treiben.

Bereits Anfang Oktober hatte die Branche deshalb ein Ende der Breitbandausbauförderung vorgeschlagen. Stattdessen sollte teure Bürokratie abgebaut werden. So warte man etwa auf einfache Baubewilligungen für dringende Ausbautätigkeiten bis zu 18 Monate, lautet die Kritik. Besser wäre auch eine Nachfrageförderung, damit die verfügbaren Anschlüsse auch genützt werden, da die Kosten des tatsächlichen Anschlusses des Kabels an das Haus sehr hoch seien.

Tursky: Enorme Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen

Tursky weist die Kritik zurück. „Sowas sagt sich sehr schnell, wenn man eine entsprechende Marktmacht hat.“ Tatsächlich gebe es eine enorme Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen. „Wir haben jetzt endlich in Österreich eine Geschwindigkeit in den Ausbau bekommen, die leider bisher nicht da war.“ Aktuell würden ca. sechs Mrd. Euro privatwirtschaftlich in den Breitbandausbau investiert. Dass es einen überhitzten Tiefbaumarkt geben soll, sieht Tursky nicht. „Ich nehme derzeit wahr: Das Gegenteil ist der Fall.“ Aus allen Bundesländern sei zu hören, „dass es der derzeit sehr unter Druck stehenden Baubranche gelingt, vom Hochbau Kapazitäten auf den Tiefbau zu verlagern“.

Deshalb werde man nicht nachlassen, sondern „weiter Gas geben beim Breitbandausbau“. Das sei auch als konjunkturelle Unterstützung der Baubranche zu sehen. Den Widerspruch der Branche sehe er „eher als Versuch der Provider, ihre aktuelle Marktmacht weiter auszubauen“. Traditionell hätten nämlich von den Förderausschreibungen zwar auch die Provider profitiert, vor allem aber Gemeinden, die dann Eigentümer der Infrastruktur geworden seien, sowie lokale Kabelnetzbetreiber.

Aufholbedarf in NÖ und Steiermark

Gefördert werde nur dort, „wo ein Marktversagen herrscht, also wo niemand privatwirtschaftlich ausbaut, weil es sich nicht auszahlt“, betonte der Staatssekretär. In Wien, Salzburg und Tirol sei die Versorgung mit Gigabit-fähigen stationären Internetanbindungen bis zur Grundstücksgrenze bereits sehr hoch, in den großen Flächenbundesländern wie Niederösterreich und Steiermark noch geringer. Das seien nicht immer Glasfasern, aber „die Zukunft muss Fiber to the Home sein“.

Das bedeutet nicht, dass diese Haushalte tatsächlich Breitbandinternet nützen – vielen sind die Verträge zu teuer oder auch der Anschluss von der Grundstücksgrenze zum Haus. „Für uns ist natürlich relevant, es als Erstes einmal theoretisch zur Verfügung zu stellen und in einem zweiten Schritt die Take-up-Rate nach oben zu bringen.“ Dabei sei Österreich schlecht, „weil wir so ein gutes mobiles Internet haben“. 38 Prozent der österreichischen Haushalte würden nach wie vor für Internet zu Hause mobile Lösungen verwenden.

Millionenförderungen für Halbleiterbranche

Forschung und Bildung sollen im Bereich der Digitalisierung mit über 100 Mio. Euro gefördert werden. Das Geld fließt u. a. in Breitbandanschlüsse für die Schulen und WLAN in den Klassenzimmern sowie Geräte.

Milliardenförderungen sollen außerdem wie bereits berichtet im Rahmen des Chips Act fließen. Die EU will damit den europäischen Weltmarktanteil an der Halbleiterproduktion bis 2030 von zehn auf 20 Prozent verdoppeln. „Das bedeutet eine Vervierfachung der Chipproduktion in Europa“, erklärte Tursky. Österreich sei dank der großen Player Infineon in Villach und AT&S in Leoben bereits jetzt das viertgrößte Chipland in Europa in absoluten Zahlen.

Der Chips Act sei ein Förderinstrument der EU, das es den Nationalstaaten erlaubt, den Aufbau von Halbleiterproduktionen in Europa mit insgesamt 40 Mrd. Euro zu fördern. Davon werde Österreich drei Mrd. Euro in Anspruch nehmen, um damit bis 2030 Investitionen in Höhe von sieben Mrd. Euro zu erreichen. „Das ist kein EU-Geld, das ist nur die Erlaubnis zu fördern“, stellte Tursky klar. Von den drei Milliarden seien im Budget für 2024 zunächst 160 Mio. Euro vorgesehen, bis 2027 eine halbe Milliarde.