Zwei Mädchen beim gemeinsamen Lernen
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Bildung

Homeschooling-Zahlen gehen zurück

Die Zahl der Anmeldungen zum Hausunterricht ist nach dem Höhepunkt im Schuljahr 2021/22 wieder stark rückgängig. Das zeigt ein von der Bundesstelle für Sektenfragen erarbeiteter Sonderbericht. Laut Bildungsministerium dürfte heuer wieder in etwa das Vor-CoV-Niveau erreicht werden.

Gleichzeitig gibt es eine Art Trend zum „Homeschooling-Tourismus“ aus Deutschland, wo es die Möglichkeit zur Schulabmeldung in dieser Form nicht gibt. In Österreich gilt keine Schul-, sondern lediglich eine Unterrichtspflicht. Kinder können also auch häuslichen Unterricht oder eine Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht (diese haben selbst nicht das Recht zur Vergabe von Schulzeugnissen) besuchen.

Das muss der jeweiligen Bildungsdirektion aber angezeigt werden, diese kann ablehnen, „wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die (…) Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist“. Wer häuslichen Unterricht in Anspruch nimmt, muss zur erfolgreichen Absolvierung der jeweiligen Schulstufe am Ende des Schuljahrs eine Externistenprüfung machen. Schafft man diese nicht, muss das Schuljahr wiederholt werden – und zwar in einer Schule mit Öffentlichkeitsrecht.

Trend wegen Pandemie

Im Bericht „Abschottung im Zusammenhang mit häuslichem Unterricht“ analysierte die Bundesstelle für Sektenfragen im Bundeskanzleramt in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium die Zahl der Abmeldungen. Während diese vor der Pandemie relativ stabil bei 2.300 bis 2.600 lag (rund 0,3 Prozent der schulpflichtigen Kinder), stieg sie 2021/2022 auf 7.515 (ein Prozent der Schulpflichtigen) – Eltern meldeten ihre Kinder offenbar ab, um sie vor Infektionen zu schützen oder weil sie mit Masken und Tests nicht einverstanden waren.

Als Reaktion darauf wurde die Frist für die Schulabmeldungen verkürzt, ein Reflexionsgespräch vor den Semesterferien eingeführt und die Externistenprüfungen zur Eindämmung von „Prüfungstourismus“ gebündelt von eigenen Kommissionen abgenommen. Im Schuljahr 2022/23 sank die Zahl wieder auf 4.083 zu Beginn des Schuljahres, um dann zu den Semesterferien auf 3.290 zurückzugehen (im Lauf des Schuljahrs ist jederzeit eine Rückkehr in die Schule möglich).

Polaschek: Schule bedeutet auch soziale Kontakte

Für das heurige Schuljahr liegen vorerst noch keine endgültigen Zahlen vor. Voraussichtlich werde man aber wieder den langjährigen Durchschnitt vor der Pandemie erreichen, so Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) in einer Aussendung. Durch die Neuerungen sei es nicht nur gelungen, für alle Beteiligten mehr Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen. „Wir haben nun auch bessere Möglichkeiten, frühzeitig gegenzusteuern, wenn der häusliche Unterricht nicht gut funktioniert. Denn Schule bedeutet nicht nur die Vermittlung fachlicher Inhalte, sondern fördert auch soziale Kontakte, die letztendlich in herausfordernden Zeiten von großer Bedeutung sind“, so Polaschek.

Als problematisch ordnet der Bericht den Umstand ein, dass 2021/22 1.020 Kinder trotz Verpflichtung gar nicht erst zur Externistenprüfung antraten, das ist fast ein Fünftel. Bei zwei Prozent der Reflexionsgespräche wurde außerdem ein Verdacht auf mangelnde Gleichwertigkeit des häuslichen Unterrichts zum Besuch einer öffentlichen Schule geäußert.

Politik eher kritisch eingestellt

Unter Generalverdacht stellen will die Bundesstelle für Sektenfragen den häuslichen Unterricht aber nicht: Dieser könne in Einzelfällen durchaus sinnvoll sein, etwa bei Krankheiten. Aber: „Manche Personen oder Gemeinschaften missbrauchen das Recht auf häuslichen Unterricht dazu, um ihre Ideologie zu verbreiten bzw. junge Menschen von der Außenwelt abzuschotten.“ Hier entstehe die Gefahr von Parallelwelten. „Sollte sich eine Familie für den häuslichen Unterricht entscheiden, darf das niemals ein Schlupfloch für Missbrauch und die Verbreitung von extremistischen Ideologien und demokratiefeindlichen Bewegungen sein“, so Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) in einer Aussendung.

Durch häuslichen Unterricht würden Schülerinnen und Schüler auch Gefahr laufen, die sozialintegrativen sowie die demokratiefördernden Aspekte der Schulbildung zu versäumen, heißt es im Bericht. Die punktuellen Leistungskontrollen durch die Externistenprüfungen würden zudem auch keinen Einblick in die soziale und psychische Entwicklung eines Kindes ermöglichen – etwaige Verletzungen der Rechte von Kindern und Jugendlichen wie z. B. auf gewaltfreie Erziehung oder adäquate medizinische Behandlung könnten dadurch unbemerkt bleiben.

Anders als es der Name vermuten lässt, findet häuslicher Unterricht auch oft nicht daheim, sondern in „Lerngruppen“ und nicht genehmigten Privatschulen statt, heißt es im Bericht. Eine fachliche Qualifikation der unterrichtenden Person könne dabei nicht eingefordert werden, Kinder und Jugendlichen würden im Wissenserwerb oft sich selbst überlassen.