Ein Mann betritt eine AMS-Filiale
APA/Estella Berger
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WIRTSCHAFT

Arbeitslosigkeit im November gestiegen

Ende November sind in Österreich 352.551 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos gewesen oder haben sich in Schulungen befunden. Die Arbeitslosenquote betrug 6,5 Prozent, teilte das Arbeitsministerium am Freitag mit.

Im Oktober hatte sie 6,3 Prozent betragen, vor einem Jahr war sie bei 6,1 Prozent gelegen. Im Vergleich zu den Jahren 2019, 2020 und 2021 sei die Arbeitslosenquote aber nach wie vor deutlich niedriger, heißt es aus dem Ministerium. Die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften sei hoch.

Grafik zur Arbeitslosenquote im November 2023
Grafik: APA/ORF; Quelle: AMS

„Österreich befindet sich mitten in einer Rezession“, sagte AMS-Chef Johannes Kopf am Freitag. Unter dem Eindruck des Arbeitskräftemangels der vergangenen zwei Jahre würden die Unternehmen zwar noch recht zögerlich Personal abbauen, dennoch seien Ende November um 6,7 Prozent mehr Menschen arbeitslos oder in Schulungen gewesen als vor einem Jahr.

Material- und Kreditkosten treffen Bauwirtschaft

„Hohe Material- und Kreditkosten treffen besonders die Bauwirtschaft, hier liegt der Anstieg sogar bei 14,4 Prozent“, so Kopf. „Aber auch die exportorientierte Industrie, die sich unter besonders schwierigen Rahmenbedingungen erfreulicherweise gestern im wohl wichtigsten Kollektivvertrag mit den Gewerkschaften doch noch einigen konnte, zeigt mit einem Plus von 10,3 Prozent einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit.“ Bau und Industrie erklären laut AMS auch den stärkeren Anstieg der Männerarbeitslosigkeit sowie den der Industriebundesländer Oberösterreich und Steiermark.

„Ich hoffe, dass die Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wirtschaftsprognosen für das kommende Jahr nicht neuerlich nach unten korrigieren müssen, ein längerer Wirtschaftseinbruch würde wohl viele Unternehmen zu Freisetzungen zwingen und dann zu einer viel stärker steigenden Arbeitslosigkeit führen“, sagte Kopf.

Kocher: „Keine unerwartete Entwicklung“

ÖVP-Arbeitsminister Martin Kocher teilte mit: „Saisonale Effekte in der Bauwirtschaft zeigen im beginnenden Winter immer ihre Wirkung, das ist keine unerwartete Entwicklung. So sind Ende November 19.936 Personen beim AMS gemeldet, die zuletzt in der Baubranche tätig waren. Diese Zahl wird um den Jahreswechsel ihren Höhepunkt erreichen.“

Die allgemeine wirtschaftliche Situation wirke sich zwar negativ auf den Arbeitsmarkt aus, alles in allem sei die Situation auf dem Arbeitsmarkt aber nach wie vor stabil und die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften bei 95.030 beim AMS gemeldeten offenen Stellen Ende November nach wie vor hoch.

Der ÖVP-Wirtschaftsbund verzeichnete in seinem Stellenmonitor Ende November sogar mehr als 185.000 offene Stellen. „Wir sehen erst die Spitze des Eisbergs“, warnte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger in einer Mitteilung.

Kritik von SPÖ und FPÖ

Mit Kritik reagierte die SPÖ. „Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit steigt, und bei der Teuerung schaut die türkis-grüne Regierung weiterhin untätig zu“, so SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch in einer Aussendung. Er forderte mehr Investitionen in sozialen Wohnbau und thermische Sanierung, um damit nicht nur günstiges Wohnen auszubauen, sondern auch um die Beschäftigung anzukurbeln.

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch bemängelte in einer Mitteilung, dass es „keine effizienten und nachhaltigen Maßnahmen im Kampf gegen die steigende Arbeitslosigkeit“ gebe. Kocher agiere „verantwortungslos, konzeptlos, kopflos und fast schon fahrlässig“. Dass die Regierung trotz der hohen Arbeitslosigkeit die Liste der Mangelberufe ausweiten und damit die Aufnahme ausländischer Arbeitskräfte erleichtern wolle, ist für Belakowitsch „ein völlig falscher Zugang“.

AK will Investitionen in Aus- und Weiterbildung

Die Arbeitsmarktzahlen zeigten deutlich, dass sich der „negative Trend auf dem Arbeitsmarkt fortsetzt und die Arbeitslosigkeit steigt“, hieß es in einer AK-Aussendung. AK-Präsidentin Renate Anderl dazu: „Es gibt nur einen Weg, diesen Herausforderungen zu begegnen – nämlich die Investition in Aus- und Weiterbildung.“

Für das AMS bedeute der Anstieg „mehr Kunden und Kundinnen und damit mehr Beratungen“, sagte ÖGB-Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl in einer Aussendung. „Dafür braucht es Personal, aber genau das soll nach Wunsch der zuständigen Minister weiter abgebaut werden“, kritisierte sie.

Von den insgesamt 352.551 Menschen ohne Arbeit sind 275.710 auf Arbeitssuche, 76.841 nehmen an Schulungsmaßnahmen des AMS teil. Die Anzahl der arbeitslosen Männer stieg gegenüber dem Vorjahr um 9,6 Prozent auf 153.667, die Zahl der arbeitslosen Frauen um 4,0 Prozent auf 122.043. Bei Frauen beträgt die Arbeitslosenquote 6,2 Prozent, bei Männern 6,8 Prozent. Insgesamt sind in Österreich 2,12 Millionen Männer und 1,84 Millionen Frauen unselbstständig beschäftigt.