Paxlovid
Mike Mareen – stock.adobe.com
Mike Mareen – stock.adobe.com
Gesundheit

Streit über Paxlovid-Mangel hält an

Der Streit über das Covid-Medikament Paxlovid hält an. Nachdem die Wiener Ärzte die schlechte Verfügbarkeit kritisiert hatten, reagierte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag: Die Packungen „können nicht einfach vom Erdboden verschwunden sein“. Die Apothekerkammer wies den Vorwuf zurück.

Diese habe ihm bisher nicht erklären können, wo die an die öffentlichen Apotheken ausgelieferten Packungen geblieben seien, sagte Rauch. Täglich erhalte man von der Kammer andere Zahlen. „Ich erwarte mir, dass da Klarheit geschaffen wird“, sagte Rauch. Man werde alle Schritte setzen, um von der Kammer restlose Transparenz zu erhalten.

Rauch verlangt vollständige Abrechnungsdaten

Man habe 123.000 Dosen für die öffentlichen Apotheken beschafft. Diese seien zunächst lange Zeit herumgelegen und nicht verschrieben worden. Bis Ende Oktober wurden davon 77.000 abgerechnet. „Wo die restlichen sind, konnte mir die Kammer nicht erklären?“ fragte Rauch, der am Wochenende angekündigt hatte, dass die Tabletten ab Montag wieder flächendeckend in Apotheken verfügbar sein sollen.

Streit über Paxlovid-Mangel hält an

123.000 Packung Paxlovid sind laut Gesundheitsministerium für die Apotheken beschafft worden, 77.000 wurden verschrieben. Es fehlen also 46.000 Packungen.

Die Abrechnungsdaten seien offenbar unvollständig, hieß es aus dem Gesundheitsministerium. Die Kammer habe dafür zwar Erklärungen geliefert, etwa Privatrezepte oder Vernichtungen, aber keine Belege dafür. „Ich fordere von der Kammer die vollständigen Abrechnungsdaten. Wo sind diese Packungen, wie sind sie verteilt worden?“, so Rauch. Man werde nun alle Schritte setzen, um die fehlenden Dosen zu finden.

Kammer weist Vorwürfe zurück

Die Apothekerkammer ließ diese Kritik nicht auf sich sitzen. Es seine keine Packungen „vom Erdboden verschwunden“, sondern es gebe einfach zu wenige, hieß es in einer Aussendung. „Aktuell sind lediglich 3.400 Packungen entweder in einigen der 1.400 Apotheken noch lagernd oder befinden sich bereits über den Pharma-Großhandel in Umverteilung“, so die Kammer.

Der Bund habe insgesamt 180.000 Packungen Paxlovid beschafft. Davon seien zwischen März 2022 und Ende November 2023 insgesamt 123.000 Packungen Paxlovid an die öffentlichen Apotheken ausgeliefert worden. 57.000 Packungen seien an die Krankenhäuser und die ärztlichen Hausapotheken geliefert worden. „Wie viele dieser Packungen an wen abgegeben worden sind und wie viele noch verfügbar sind, ist bis heute unklar“, so die Kammer.

Nach Bekanntwerden von Verdachtsmomenten gegen eine einzelne Apotheke wegen einer Veruntreuung von etwa 2.000 Paxlovid-Medikamenten habe die Apothekerkammer am 16. Jänner 2023 unverzüglich eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft eingebracht und damit das schärfste zur Verfügung stehende Mittel ergriffen, um bestmöglich zur Klärung der Verdachtsmomente beizutragen, wurde betont.

„Die Apothekerkammer war zu keinem Zeitpunkt über die Gesamtmenge der beschafften Ware informiert und hatte daher auch keinen Überblick darüber, bis wann der Pharma-Großhandel die Apotheken mit bedarfsgerechten Paxlovid-Lieferungen aus dem Bundesbestand versorgen können wird“, hieß es. Sämtliches verfügbare Datenmaterial sei von der Kammer „zu jedem Zeitpunkt“ an den Bund weitergegeben worden.

„Dabei ist zu beachten, dass die Apotheken ihre Abrechnungen jeweils bis zum 15. des darauffolgenden Kalendermonats bei der Pharmazeutischen Gehaltskasse einreichen müssen. Die vollständigen Abrechnungszahlen inklusive November sind daher erst mit Mitte Dezember verfügbar“, so die Kammer.

Kritik auch von nö. Kammer

Kritik an der mangelhaften Verteilung von Paxlovid hat auch die NÖ Ärztekammer geübt. „Besonders für Risikopatientinnen und -patienten ist es extrem belastend, wenn sie ein hochwirksames Medikament nicht erhalten, nur weil die Logistik versagt hat“, stellte Präsident Harald Schlögel in einer Aussendung fest. Dass die Politik auch sonst nicht auf die aktuelle Welle vorbereitet sei, zeige sich nicht zuletzt daran, dass Mitte Dezember noch immer nicht klar sei, ob in ärztlichen Ordinationen bei symptomatischen Patienten weiterhin ein kostenloser Antigentest durchgeführt werden dürfe, ergänzte Max Wudy, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Eine diesbezügliche Klärung, was ab 1. Jänner 2024 möglich ist, wäre dringend nötig.“

SPÖ: „Massives Planungsversagen“

Die Wiener Ärztekammer hatte am Montag die weiterhin schlechte Verfügbarkeit von Paxlovid beklagt. Nun dürfe auf Anordnung Rauchs jede Apotheke nur eine Packung Paxlovid lagernd haben. Das bedeute, dass in der Millionenstadt Wien nur 300 Packungen vorrätig sind. „Das ist eine Täuschung der Patientinnen und Patienten und völlig verantwortungslos“, sagte Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin der Ärztekammer für Wien.

„Ein massives Planungsversagen des Gesundheitsministers“ ortete SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner „und das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben“. Der Mandatar weiter: „Die aktuelle Lage bedarf voller Aufklärung. Es kann nicht sein, dass der Minister letzte Woche nicht einmal konkret wusste, wie viele Packungen Paxlovid sich wo in Österreich befinden und wie diese zu den Patientinnen und Patienten kommen, die sie brauchen.“

Virologe und Immunologe Andreas Bergthaler sprach unterdessen am Dienstag im ORF-Ö1-Morgenjournal von einer „Welle, die in der Form, wahrscheinlich der Höhe vielleicht noch gar nicht bisher in der Pandemie zu sehen war“, und berief sich dabei auf Daten aus dem Abwassermonitoring. Dabei machen Omikron-Untervarianten wie „Pirola“ 35 Prozent des Infektionsgeschehens über das Abwasser gemessen aus.