Hände Pflegerin und Bewohner
ORF
ORF
Wirtschaft

24-Stunden-Betreuerinnen unzufrieden

Nur knapp jede dritte selbstständige 24-Stunden-Betreuungskraft in Österreich kann sich vorstellen, auch künftig in dieser Form hierzulande tätig zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Uni Linz durchgeführte Onlinebefragung.

Als zentrale Ursachen für die Unzufriedenheit werden die Teuerung sowie Zahlungen an Finanzamt bzw. Sozialversicherung geortet. Gewünscht werden etwa höhere Tagessätze und fixe Sozialversicherungspauschalen pro Monat. Für die Studie wurden 2.021 in Österreich tätige 24-Stunden-Betreuungskräfte vor allem aus Kroatien, Serbien und Ungarn zwischen Juli und September 2023 mittels eines achtsprachigen Onlinefragebogens befragt.

Knapp ein Viertel gab an, einen Berufswechsel zu überlegen bzw. ganz aus der beruflichen Tätigkeit auszusteigen. Weitere sieben Prozent wollen zwar weiter selbstständig in der 24-Stunden-Betreuung tätig zu sein, allerdings in einem anderen Land. Eine große Anzahl machte keine Angaben, so Studienautorin Laura Thäter bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Andere wünschten einen Wechsel in ein Angestelltenverhältnis.

Pflegegewerkschaft warnt vor Betreuungskrise

Mehr als 5.000 Pflegerinnen und Pfleger, die in der 24 Stunden-Betreuung tätig waren, haben Österreich laut Wirtschaftskammer bereits verlassen. Die Gewerkschaft vida fordert einmal mehr verbesserte Rahmenbedingungen, um eine Betreuungskrise zu verhindern.

Weitere Problembereiche

Neben finanziellen Aspekten plagt die Betreuerinnen und Betreuer auch mangelnde Wertschätzung. Nicht einmal die Hälfte fühlt sich von der zu betreuenden Person bzw. deren Angehörigen wertgeschätzt – nur rund ein Viertel hat dieses Gefühl bei der österreichischen Bevölkerung und gar nur vier Prozent bei der Politik.

Als Wünsche formulierten sie neben höheren Tagsätzen auch offizielle Musterarbeitsverträge auf Deutsch und ihrer Muttersprache, einen fixen Sozialversicherungspauschalbetrag, um die derzeit häufigen und hohen Nachzahlungen zu vermeiden sowie mehr Kontrolle der Agenturen bzw. Vereine, die sie an die zu betreuenden Personen vermitteln. Dazu kommen die Möglichkeit einer einfachen und unbürokratischen Abgabe der Steuererklärung in der Landessprache oder ein Fonds zur Unterstützung von Betreuungskräften in Zahlungsschwierigkeiten.

Bedarf wächst

Laut der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung in der Wirtschaftskammer haben in den vergangenen Jahren bereits mehr als 5.000 Betreuerinnen und Betreuer Österreich verlassen. Pensionistenverbands-Präsident Peter Kostelka sprach von einer Zahl von 1.500 pro Jahr – dabei wächst der Bedarf an Kräften aufgrund der Alterspyramide weiter an. Kostelka forderte daher unter anderem eine Erhöhung der 24-Stunden-Pflegeförderung auf 1.250 Euro – dieser Betrag ist zuletzt erst am 1. September 2023 von 640 auf 800 Euro erhöht worden. In einer Aussendung machte sich auch die Wirtschaftskammer dafür stark.

Dazu brauche es laut Kostelka auch kostenlose Supervision für Betreuerinnen wie Angehörige, mehr Transparenz bei den Verträgen mit den Agenturen, eine Befreiung vom Sozialversicherungsbeitrag bis zu einem monatlichen Gewinn von 1.000 Euro sowie vermeintlich „kleine“ Dinge wie ein Aussetzen der Fotopflicht auf der E-Card sowie eine Umstellung auf eine digitale Abwicklung. Derzeit müssten nämlich 24-Stunden-Betreuungskräfte dafür in die jeweilige Landeshauptstadt pilgern und de facto ihre Betreuungsperson allein lassen.

Ein weiteres Problem stellen mangelhafte Deutschkenntnisse dar, so die Gewerkschaftsvertreter Natascha Feigl und Christoph Lipinski. Dafür müsse der Bund Verantwortung übernehmen, etwa durch finanzielle Unterstützungen. Mangelnde Sprachkenntnisse seien nicht nur für die zu betreuende Person gefährlich, wenn etwa eine Betreuerin im Fall des Falls etwa die Rettung rufen und Symptome beschrieben müsse, sondern auch für sie selbst, wenn sie Verträge unterschreiben sollen, die sie nicht lesen können.