Streik im Gebewerbegebiet Ansfelden
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Wirtschaft

Handels-KV: Proteste in Graz und Linz

Nach dem Scheitern der Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag für den Handel ist es Montagfrüh zu neuen Protesten gekommen. Laut Gewerkschaft wurde in Graz und in Linz die Arbeit niedergelegt. Für Dienstag sind Warnstreiks im Gewerbepark Stadlau in Wien angekündigt.

Sechs KV-Verhandlungsrunden sind bisher ergebnislos zu Ende gegangen. Im heurigen Jahr wird es wohl keinen weiteren Gesprächstermin mehr geben. „Eine Phase des Abkühlens, des Nachdenkens, des In-sich-Gehens ist sicher angeraten“, sagte Arbeitgeber-Chefverhandler Rainer Trefelik am Montag im Ö1-Morgenjournal.

Streitpunkt soziale Staffelung

Es spießt sich bei der sozialen Staffelung. Die Gewerkschaft hat nach eigenen Angaben einen sozial gestaffelten Gehaltsabschluss zwischen 8,58 und 9,38 Prozent vorgeschlagen. Damit würden aber mehr als 80 Prozent der Beschäftigten eine Erhöhung über der rollierenden Inflation erhalten, so Handelsobmann in der Wirtschaftskammer (WKÖ) Trefelik.

„Das ist keine soziale Staffelung, die bei den Betrieben zahlbar ist, sondern das ist dann Kosmetik“, sagte Trefelnik. „Wenn ich in einer Gehaltsgruppe, wo dann nur noch 0,2 Prozent der Mitarbeiter drinnen sind, dann eine Zahl hinschreibe, die unter dieser Wunschvorstellung der Gewerkschaft ist, das macht es schwierig.“

WKÖ empfiehlt freiwillige Erhöhung

Aufgrund der gescheiterten Verhandlungen empfiehlt die Bundessparte Handel in der WKÖ ihren Mitgliedsbetrieben nun eine freiwillige Erhöhung der kollektivvertraglichen Mindestgehälter um acht Prozent. „Das ist ein wichtiges Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass sie nicht im luftleeren Raum schweben“, so Trefelik. Ein späterer höherer Abschluss könne dann noch aufgeschlagen werden.

Eine Empfehlung biete „keine Rechtssicherheit“, kritisierte die gewerkschaftliche Chefverhandlerin Helga Fichtinger. „Der Handel würde sich dann ziemlich zerfetzen, weil ja jeder Unternehmer machen kann, was er möchte“, warnte sie. „Das heißt, dieser Schritt soll gut überlegt sein. Die Bundessparte Handel wird das schwer einfangen können.“

„Zu Corona beklatscht“

Auch in der letzten Einkaufswoche vor Weihnachten kam es zu Arbeitnehmerprotesten. In Ansfelden legten vor allem Angestellte von Lebensmittelketten ihrer Arbeit für rund zwei Stunden nieder und stellten sich vor die teils geschlossenen Eingangstüren. Markus Parzer, Betriebsratsvorsitzender von Billa und Billa plus in Oberösterreich, bat um Verständnis: „Zu Corona sind wir beklatscht worden, weil wir gearbeitet haben. Jetzt hat man auf uns vergessen“ – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Streik Shopping Nord Handel
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Streikendes Personal vor einem Shoppingcenter im Grazer Norden

Auch das Personal von zehn Geschäften im Grazer Norden streikte Montagfrüh. Im Shoppingcenter Nord waren vor einer Filiale einer Lebensmittelkette Plakate mit der Aufschrift „Hier wird gestreikt!“ zu lesen. Allerdings war von Streik zunächst nicht viel zu bemerken, denn Mitarbeiterinnen sortierten Obstwaren und schlichteten Schachteln. Kurz nach 8.00 Uhr gingen dann doch einige Mitglieder der Belegschaft mit einem Banner nach draußen und riefen: „Wir wollen unsere Prozente!“ – mehr dazu steiermark.ORF.at.

Der Warnstreik war von 7.40 bis 9.00 Uhr plakatiert, doch das Geschäft war offen. Kundinnen und Kunden gingen ein und aus, bezahlten an den Selbstbedienungskassen oder auch ganz normal an den Kassen bei Mitarbeiterinnen. Christian Jammerbund von der Gewerkschaft sagte, dass der Arbeitgeber für solche Fälle Personal aus anderen Filialen in der streikenden Niederlassung einteilt. Damit war für die Kunden kaum ein Unterschied zu bemerken.

Kein „Weihnachtsfrieden“ in Sicht

Ein Weihnachtsfrieden war schon seit der Nacht auf Samstag in die Ferne gerückt. Da wurde auch die sechste Verhandlungsrunde zum neuen Handelsangestellten-Kollektivvertrag ergebnislos beendet. Gewerkschaft und Wirtschaftskammer fanden bei einem fast zehnstündigen Verhandlungsmarathon keinen Abschluss. Beim Handels-KV geht es um die Gehälter von 430.000 Angestellten und 15.000 Lehrlingen. Es ist der größte Branchen-KV in Österreich.