ÖBB steigern Gewinn um zwölf Prozent

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben im Jahr 2015 ihren Gewinn erneut gesteigert und mehr Fahrgäste transportiert. Das Ergebnis vor Steuern wuchs um zwölf Prozent auf 192,8 Mio. Euro. Der Schienenpersonenverkehr legte um drei Millionen auf 238 Millionen Fahrgäste zu, im Fernverkehr gab es ein Plus von zwei Prozent.

„Wir haben zum fünften Mal hintereinander unsere Zahlen gesteigert“, zeigte sich ÖBB-Vorstandschef Christian Kern am Freitag bei der Bilanzpressekonferenz in Wien zufrieden. „Es ist gut gelaufen.“ Die Bahn sei ein „Wachstumsmodell“. Kern kündigte Investitionen von 1,3 Mrd. Euro in neue Züge und Busse und die Aufnahme von 8.500 Mitarbeitern und 3.000 Lehrlingen bis zum Jahr 2021 an.

„Brutales Jahr“ im Güterverkehr

Im Güterverkehr haben die ÖBB ein hartes Jahr hinter sich. „Es war ein brutales Jahr“, sagte Kern auf der Pressekonferenz. Trotzdem sei es der Bundesbahn gelungen, das profitabelste Güterbahnunternehmen in ganz Europa zu bleiben. Der Gewinn vor Steuern der Rail Cargo (RCG) sank 2015 etwas von 58,9 Mio. auf 57,2 Mio. Euro. Insgesamt war die Gütertransportleistung leicht rückläufig.

Im Ausland kam es zwar zu einem deutlichen Anstieg um 5,5 Prozent auf 54 Millionen Tonnen, im Inland hingegen war ein Rückgang um 1,4 Prozent auf 82,4 Millionen Tonnen zu verzeichnen. Verantwortlich dafür sei einerseits die schwache Konjunkturentwicklung verbunden mit einer rückläufigen Grundstoffindustrie, andererseits aber auch der niedrige Dieselpreis, der die Straße konkurrenzfähiger mache. Im Güterverkehr in Österreich müssen sich die ÖBB auch mit immer mehr Mitbewerbern messen, deren Zahl von 22 im Jahr 2013 auf 33 im Jahr 2015 anstieg.

Chancen im Nachtzuggeschäft

In der Infrastruktur, dem dritten Teilbereich im ÖBB-Konzern, brach das Vorsteuerergebnis von 34,6 Mio. auf 12,8 Mio. Euro deutlich ein. Dabei verwies Kern auf die Einhaltung der budgetierten Kosten bei Bauprojekten, wo die Abweichung unter einem Prozent gelegen sei. Die Hauptbahnhöfe in Graz und Wien seien im Vollbetrieb, von der Koralmbahn seien 100 Kilometer fertiggestellt oder in Bau.

Chancen sieht Kern im Nachtzuggeschäft. Von Österreich aus sollen italienische Städte stärker angefahren werden. Da sich die Deutsche Bahn aus dem Nachtzuggeschäft zurückziehen will, sei man in Gesprächen, nun in Deutschland einzusteigen, sagte er. „Der Nachtverkehr ist ein attraktives Geschäft“, meinte Kern. In Österreich machen die Nachtzüge immerhin 17 Prozent vom Fernverkehr aus, die jährliche Zuwachsrate liegt bei vier Prozent. In Deutschland macht das Nachtzuggeschäft hingegen nur ein Prozent vom Fernverkehr aus.

Verbindungen zu italienischen Städten im Visier

Im Visier haben die ÖBB die Verbindungen zu italienischen Städten: Venedig, Mailand, Rom, Verona und Livorno sollen die Österreicher verstärkt in die neuen Nachtzüge locken. Im wachsenden Fernbusmarkt wollen die ÖBB nur internationale Routen anbieten und dafür 28 neue Busse einsetzen. Fernbuskunden seien ein sehr junges Publikum, das so auch für die Bundesbahn gewonnen werden könne, ist Kern überzeugt. Details sollen in Kürze bei einer eigenen Pressekonferenz vorgestellt werden.

Angesprochen auf die arbeitsrechtlichen Konflikte rund um den ÖBB-Caterer Do&Co („Henry am Zug“) meinte Kern, natürlich seien die arbeitsrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Die Bahn habe mit dem Unternehmen einen Vertrag bis 2017 und gehe davon aus, dass dieser erfüllt werde. Für die nächste Periode sei das Catering neu ausgeschrieben worden.

Ende 2016 werden neun neue Railjet-Züge in Betrieb genommen, insgesamt sind 101 Cityjets bis Ende 2017 geplant. Mit neuen Zügen werden die Brenner-Tagverkehrszüge sowie die Nachtverkehrszüge nach Mailand, Rom und Venedig ausgerüstet. Für Mobilfunk und WLAN werden bis 2018 rund 100 Mio. Euro investiert.

300.000 Flüchtlinge befördert

Bei der Pressekonferenz wurde auch eine Bilanz über das Jahr der Flüchtlingskrise gezogen. 2015 wurden knapp 300.000 Flüchtlinge befördert, dazu wurden von den ÖBB 674 Sonderzüge und 1.335 Busse bereitgestellt. Rund 70.000 Übernachtungen fanden in ÖBB-Gebäuden statt. Für die Züge und Busse hat die Bundesbahn dem Bund eine Rechnung über fünf Mio. Euro gestellt. Die Rechnung werde noch geprüft, bisher sei noch kein Geld geflossen, so Kern.

Die eigentlichen Kosten für die Bundesbahnen hätten rund 15 Mio. Euro ausgemacht. Nicht verrechnet wurden dem Bund etwa Überstunden sowie der Umsatzentgang durch den Ausfall von Fahrgästen. „Die Probleme machen uns nicht die Flüchtlinge, sondern die Maßnahmen zu ihrer Abwehr“, meinte der ÖBB-Chef. Diese seien mit Unannehmlichkeiten und Zeitverlust für die Bahnkunden verbunden.

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